Highlights: Woodstock, Lancaster (Amish Land), Washington D.C., Shenandoah River N.P., Blue Ridge Parkway, Savannah, Fort McAllister Park
Obwohl der Winter nicht mehr lange auf sich warten lässt möchten wir uns doch noch genug Zeit lassen, den Osten der USA etwas genauer anzuschauen. Mit fantastischem Herbstwetter werden wir empfangen und bekommen die klirrende Eiseskälte, ironischerweise erst im südlichen Teil zu spüren.
Aber fangen wir mal erst oben an. Im Hippie-Dorf Woodstock erleben wir einen Hauch "Flowerpower" bevor es einen Szenenwechsel bei den traditionell lebenden Amish in Pennsylvania gibt. Ein neues Kontrastprogramm erwartet uns in Washington D.C. bevor uns die Natur wieder zurück hat und wir gut 1 Woche im Shenandoah N.P. und Blue Ridge Parkway verbringen. Mit Savannah erreichen wir endlich wieder tropische und warme Gefilde.
Grenzübergang ins Land der "unbegrenzten" Möglichkeiten
Es ist Montag, herrliches Wetter und wir freuen uns nun auf unser nächstes Reiseland, den USA. Wir wählen die Grenze bei Niagara Falls, da wir so auch gleich noch die Möglichkeit haben die Wasserfälle von der amerikanischen Seite aus anzuschauen. Gemütlich rollen wir über die Brücke, welche beide Länder miteinander verbindet. Wir stellen uns in die Warteschlange zusammen mit den RV's und sind gespannt, was uns jetzt erwartet. Als wir an die Reihe kommen müssen wir zuerst ein paar Fragen beantworten, dann kommen die Inspektoren um das Fahrzeug zu kontrollieren. Es ist jedoch keine wirkliche Kontrolle, sie interessieren sich vielmehr für die technischen Details des Duros als dessen Inhalt. So wird viel gelacht und geplaudert und siehe da, den ersten Check-Point haben wir hinter uns. In der Zwischenzeit wurden unsere Pässe per interner Post in die Immigration-Abteilung geschickt und warten auf unsere Abholung. Da müssen wir wieder ein paar Fragen beantworten, Fingerabdrücke liefern und die Einreisegebühr von USD 6.00 pro Person bezahlen. Da wir bereits zu Hause das USA-Visum eingeholt haben bekommen wir nun 6 Monate Aufenthalt anstatt der üblichen 3. Das war's bereits – nach 45 Minuten ist alles geritzt und wir treten über in unseren ersten Bundesstaat, New York.
Fragestunde mit Nichtswieweg
Da wir vor unserem Grenzübergang alle Frischprodukte aufgegessen haben, steht nun erstmals ein Grosseinkauf vor der Tür. Wir fahren nacht Ithaca und finden den Walmart unserer Begierde. Wir staunen nicht schlecht als wir die Preise anschauen. Es ist doch einiges günstiger als in Kanada. Salami und Parmesan-Käse werden ja wieder bezahlbar. Auch das Angebot dünkt uns um einiges grösser. Wir schlagen zu und verlassen das Geschäft mit einem prall gefüllten Einkaufswagen. Als wir dann zurück auf den Parkplatz kommen entdecken wir Leute am Schlange stehen. Hmm – gibt es hier wohl etwas gratis? Aber nein, oh shi..., die stehen ja vor unserem Duro. Uahh, am Liebsten würde ich gerade rechtsumkehrt machen und wieder zurück ins Geschäft gehen, aber es ist zu spät. Man hat uns bereits entdeckt. Es bleibt uns also nichts anderes übrig als nett und freundlich Auskunft zu geben. Jeder darf seine Fragen stellen, auch wenn es immer die gleichen sind wie die des vorhergehenden Fragers. Mittlerweile haben wir uns auch daran gewöhnt dass hier "Switzerland" fast kein Mensch kennt und höchstens vielleicht mal mit "Sweden" verwechselt wird und dass man hier keine Ahnung hat, dass es angeblich zwischen Amerika und Europa einen Atlantik geben soll und man diese Strecke nicht fahren kann. Doch wir bleiben dran und tun weiterhin unser Bestes mit Aufklärungsarbeit.
Nachdem wir unsere Fragestunde beendet haben geht es weiter zur Zapfsäule. Und da unser Mogli ein durstiges Kerlchen ist dauert es ein bisschen, bis wir unsere Tanks aufgefüllt haben. Zeit genug unsere Fragestunde weiterzuführen. Roger wird am Zapfstutzen in Beschlag genommen, ich auf der anderen Seite. Es nützt nichts so zu tun als wäre ich schwer beschäftigt im Auto, da wird einfach an meine Scheibe geklopft um meine Aufmerksamkeit zu ergattern. Also gleiches Frage-Antwort-Spiel wie vorher.
Wir sind müde von den vielen Konversationen und möchten unbedingt raus in die Natur und wie es scheint, sollen wir heute belohnt werden, denn wir finden einen absolut traumhaft schönen Platz an einem See, menschenleer und einsam, dachten wir. Am frühen Morgen hören wir ein Fahrzeug bei uns langsam vorbeifahren, anhalten und weiterfahren. Na ja, wir spienzeln hinaus, nichts Spezielles, ein normaler PW. Wir machen uns doch langsam reisefertig als ein weiteres Fahrzeug kommt, diesmal die Polizei. Na toll, kann man uns nicht einfach fragen was wir hier machen, bevor man die Polizei ruft? Aber alles ist ok, man lässt uns, schliesslich haben wir ja nichts Verbotenes gemacht. Mit diesem auffälligen Fahrzeug müssten wir einfach damit rechnen, sagt man uns anschliessend.
Hippiestyle in Woodstock
Auf dem Weg Richtung New York unternehmen wir zuvor einen Abstecher in die Catskill Mountains. Es regnet wie in Strömen aber mit aussitzen wird diesmal nichts, denn kurz zuvor haben wir erfahren dass man in wenigen Tagen mit einem halben Meter Schnee rechnen würde. Dies veranlasst uns etwas zügiger zu reisen. Wir fahren aber dennoch einen kleinen Umweg zum Dörfchen Woodstock. Wer kennt diesen Namen nicht? Obwohl wir nicht wirklich zu dieser Generation gehören möchten wir uns diesen kultigen Ort anschauen. Das Festival hat dann zwar leider nicht im Ort selber stattgefunden, sondern im etwa 100km entfernten Bethel. Aber Namensträger war dieses kleine Dorf trotzdem. Und auch heute lebt der Hippiestyle noch weiterhin hier. Peacekleider in Regenbogenfarben und John Lennon T-Shirts gibt es immer noch zu kaufen. In einem kleinen Café schauen wir dem Treiben zu, bevor wir uns weiter ins "Hudson Valley" aufmachen.
Criminal Minds am Hudson River
Zugegeben - es ist nicht wirklich einfach, Übernachtungsplätze im dichtbesiedelten New York Staat zu finden, zumal auch die meisten Campingplätze mittlerweile geschlossen sind. Wir sind bereits eine Weile am Hudson River entlanggefahren bis wir einen Park entdecken. Hmm, das könnte doch etwas für die Nacht sein. Wir fahren soweit hinein bis wir am Ende der Strasse an einem kleinen Picknick-Platz ankommen, direkt am Hudson River. Das ist doch perfekt für die Nacht. Wir richten uns gemütlich ein und sind gerade beim Nachtessen, als ein Fahrzeug vorbeifährt. Wir schauen hinaus und winken freundlich zu, unser Gegenüber erwidert unseren Gruss und fährt weiter. Was für einen tollen Platz haben wir erneut gefunden, freuen wir uns.
Es ist bereits spät nachts und wir schlummern friedlich in unseren Betten, als sich ein Fahrzeug in einem Affentempo uns nähert. Na toll, was sind das wieder bloss für Typen? In solchen Momenten fühlt man sich doch etwas unbehaglich, wenn man an die Krimi-Folgen von zu Hause denkt. Um diese Zeit geht ja niemand zu einem Picnic in einen Park. Wir sind Beide hellwach und warten ab was passiert.
Auf einmal geht ein Scheinwerfer an und es wird taghell im Duro. Prima, das wird nicht gut enden. Roger will hinaus gehen aber ich halte ihn zurück. Warte, mach erst mal das Fenster auf und schau wer da draussen ist. Gesagt – getan, aber er sieht nichts und wird von einem weiteren Scheinwerfer direkt ins Gesicht geblendet. Mein Gott, was sind dass denn für schräge Vögel? Und ewig diese Stille, das macht einem echt fertig. Auf einmal, nach unendlich lang scheinenden Minuten ruft dann jemand: "New York State Police – Please come out!" Uff, ich weiss nicht ob ich erleichtert darüber sein soll oder nicht. Roger geht raus, obwohl er nichts sieht. "Are you armed (Sind sie bewaffnet)?" "Nein, natürlich nicht", antworten wir. Nun lässt er vom Gesichtsscheinwerfer ab und startet sein Frageverhör. Where you from (Woher kommen Sie)? "Switzerland", antworten wir – "Ahh Sweden", meint er – "No, "Switzerland" erwiedern wir erneut. "Yeah, yeah, I know Sweden". Ok, dann sind wir halt Schweden, auch gut. In solchen Momenten kann ich meine bissigen Antworten nicht verkneifen und es ist gut, dass Roger der ruhige Pool bleibt. Sonst müsste er mich vielleicht mal bald hinter den schwedischen Gardinen besuchen kommen.
Zu guter Letzt müssen wir noch unsere Ausweispapiere aus dem Safe hervorkramen und können ihm immerhin so beweisen, dass wir von "Switzerland" kommen. Ich erlaube mir dann noch die Frage wie er denn auf uns aufmerksam geworden wäre? Er zuckt mit den Schultern und meint, es hätte einen anonymen Anruf gegeben dass sich hier im Park ein verdächtiges Auto befinden würde. Ah ja, der freundlich winkende Mann - ok, alles klar. Immerhin dürfen wir die Nacht hier verbringen und er hinterlässt uns seine Visitenkarte, falls nochmals eine Polizeistreife vorbeikommen soll. Aber es bleibt ruhig. Das war übrigens unser dritter Polizeikontakt innerhalb von 2 Tagen; gespannt schauen wir der nächsten Kontrolle entgegen.
Besuch bei den Amish
Eigentlich hatten wir uns fest vorgenommen, nach New York hineinzufahren, da diese Stadt zu meinen absoluten Favoriten gehört. Aber genau an diesem Wochenende findet der New York Marathon statt und alles ist rappelvoll. So beschliessen wir, weiter zu fahren. Da wir NY ja bereits einige Male besuchten, verpassen wir daher nicht soviel, obwohl es nun kein Foto mit Mogli auf der Brooklyn Bridge geben wird.
Unser nächstes Ziel ist Lancaster in Pennsylvania, wo viele Amish und Mennoniten traditionell wie vor 100 Jahren leben. Für uns ist es so faszinierend zuzuschauen wie hier so verschiedenen Generationen miteinander klar kommen. So gibt es bei den Einkaufsgeschäften Parkplätze für Fahrzeuge und solche, für Pferd und Kutsche. Ganz normal halt. Wir haben das Glück und kommen mit einer Amish-Familie ins Gespräch. Sie sprechen uns an und fragen uns auf Englisch – ob wir von der Schweiz kommen. Sie hätten unser Schweizer Kreuz am Duro gesehen. Wir sind ganz irritiert dass diese Leute überhaupt mit uns sprechen, zumal sie doch eher als sehr zurückhaltend gelten. Es wird eine lustige Konversation, vor allem als uns der Herr ein paar Sätze aus seinem alten Deutsch zum Besten gibt. Eigentlich wollten wir hier eine Tour buchen und einen Amish-Hof besichtigen, aber das war nicht mehr nötig – dieses Gespräch mit dieser Familie war uns viel mehr wert.
Besuch beim Big Boss
Von Lancaster fahren wir auf direktem Weg nach Washington D.C.. Diese Stadt war für uns auf jeden Fall ein Muss anzuschauen, egal was für Events da gerade stattfinden würden. Zufälligerweise finden wir einen Campingplatz im Greenbelt Park. Hier kann man für USD 16.00 pro Tag campen (DU/WC – ohne Strom) und zu Fuss zur Metro-Station (College Park) laufen. Von da geht es dann mit der Metro ohne Umsteigen direkt ins Zentrum (Archives). Washington gefällt uns so gut, sodass wir gleich 6 Tage bleiben. Jeden Tag fahren wir mit der Metro in die Stadt und laufen unsere Kilometer ab und schleppen uns am Abend wieder todmüde zurück zum Camping. Diese Stadt ist einfach toll, es gibt soviel zu sehen, fantastisch. Wir klappern ein Museeum nach dem andern ab, schauen uns die vielen Monumente an und auch die Tatsache, dass das Capitol gerade eingerüstet ist, der Reflection Pool renoviert wird und vor dem weissen Haus ein riesiges Partyzelt steht, kann unserer Laune nichts anhaben. Aber irgendwann ist Schluss mit Lustig, nach 6 Tagen campen im Wald geht uns langsam der Strom aus und wir müssen weiter.
Eisige Zeiten im Shenandoah N.P. und Blue Ridge Parkway
Wer kennt ihn nicht den Song von John Denver – Take me home country roads? Wir haben genau die Textzeilen vor unseren Augen und fahren nun Strophe für Strophe ab. Das wird aber eine lange Fahrt werden denn der Scenic Drive durch den Shenandoah N.P. ist 170km und der anschliessende Blue Ridge Parkway 750km lang und dass alles bei max. 55km/h. Wir ziehen alles durch, bis auf die letzten Kilometer, welche leider wegen Schnee und Eis gesperrt wurden. Die Strecke ist so gemütlich zu fahren, wenig Verkehr und immer wieder schöne Ausblicke. Nur die eisigen Temperaturen machen uns langsam aber sicher etwas zu schaffen. Eines Abends zeigt uns das Thermometer 12° unter Null an. Uahh, das wird wohl eine kalt Nacht. Die Heizung läuft auf Hochtouren, alle Decken werden hervorgenommen und die Thermowäsche darf auch nicht fehlen. Nun schwitzen wir uns fast zu Tode, also Heizung abstellen. Das blöde daran ist nur, dass nun über Nacht alle Leitungen eingefroren sind und am nächsten Morgen kein Tröpchen Wasser mehr aus dem Wasserhahn kommt. Übel, übel, so ohne Kaffee losfahren zu müssen. Aber zum Glück reise ich ja mit MacGyver und wenige Minuten später tropft irgendwo aus dem Auto Wasser heraus. Ich frage lieber nicht nach – wo genau.
Geburtstagswunsch - Fahrtag in den Süden
Heute ist mein Geburtstag – es ist schön aber wieder eisig kalt. Roger zaubert mir ein wundervolles Frühstück (was der Kühlschrank noch so alles hergibt) und fragt mich, was ich mir denn zum Geburtstag wünschen würde. Mit meiner Antwort – ich möchte heute Abend Palmen sehen und endlich keine kahlen Bäume mehr – ist er einverstanden. 500km liegen bereits hinter uns und langsam wird es stockfinster, na ja, mit den Palmen wird es wohl nichts mehr heute Abend. Wir quartieren uns auf einem Rastplatz ein, eingeklemmt zwischen den Lastwagen. Aber das macht nichts, ich bin gerne bei den Truckies. Wieder einmal mehr machen wir es uns gemütlich im Mogli und da wir seit fast 2 Wochen nichts mehr eingekauft haben, wird es mit dem Festmahl heute wohl nichts werden. Aber immerhin, es ist herrlich warm – spätabends noch über 20 Grad. Ich mache mich gerade auf zu den Toiletten als ich sie erblicke – meine Palmen. Im Dunkeln zuvor konnte ich sie gar nicht sehen. Wir haben's geschafft.
Shopping in Savannah
Savannah nutzen wir mal wieder um unsere Vorräte aufzustocken und nach Herzenslust shoppen zu gehen. Ein Besuch im "Bass Pro Shop" lässt jedes Camper Herz höher schlagen und so kommt es auch, dass wir wieder stolze Besitzer eines Coleman Benzinkochers sind. Ab hier können wir nun das Camperleben endlich wieder so richtig geniessen, draussen kochen, ein Feierabendbierchen trinken. Es macht halt schon viel mehr Spass als bei dieser ständigen Kälte. Und glücklicherweise haben wir den Absprung noch rechtzeitig geschafft, denn nur wenige Tage später kam dann der grosse Schnee.
Ob die Tage nun endlich wärmer werden und welche Highlights wir auf dem Weg in den Süden als nächstes angehen – das folgt in unserem nächsten Bericht dann aus dem tollen Florida!