nichtswieweg... vier Abenteurer unterwegs

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Westkanada Teil 2
Reisebericht vom 14.08.2023 bis 30.09.2023, Kanada
Highlights: Top of the World Highway, Dawson City, Tombstone Territorial Park, Dempster Highway nach Tuktoyaktuk (Arctic Ocean), 5 Finger Rapids (Yukon River), South Canol Road, Robert Campbell Highway (Frances Lake und Simpson Lake), Watson Lake mit Sign Post Forest, Liard River Hot Springs, Alaska Highway, Gravel Flat Road durch den Whitehorse Wildland Provincial Park, Calgary, Badlands im Dinosaur Provincial Park, spektakuläre Nordlichter-Shows entlang der Route

Wenn wir diesen Reiseabschnitt in Farben beschreiben würden, dann wären sicherlich Gelb, Rot, Grün und Pink die Hauptdarsteller dieser Tour. Während die Gelb- und Rottöne uns tagsüber bei der schön herbstlich gefärbten Landschaft begleiten, dann gehören Grün, Gelb und Pink dem Nachthimmel an, wo wir unzählige Male in den Genuss von gigantischen Nordlichter-Shows mit intensiven Farbexplosionen gekommen sind. Aber halt, da wären auch noch die Farben Schwarz und Braun, welche wiederum den unzähligen Bärensichtungen gewidmet sind, welche uns auf dem Weg nach Süden begleiteten. So nehmen wir euch doch mit auf einen farbenprächtigen Mix durch den Norden von Kanada.

Kanada – Welcome back! (Yukon)

Auf den letzten Drücker erreichen wir den kleinen Grenzposten bei Poker Creek, welcher in 10 Minuten seine Pforten schliesst. Dahinter steckt natürlich ein bisschen taktisches Kalkül, denn wir hoffen, dass die Grenzbeamten so kurz vor Feierabend keine Motivation mehr zeigen, um unser Fahrzeug zu kontrollieren. Denn wie schon im letzten Reisebericht erwähnt, haben wir unseren Duro in Fairbanks (Alaska) randvoll mit Lebensmittel gefüllt, damit wir gerüstet sind für die nächste Tour ans Polarmeer. Und unser Plan ist aufgegangen. Es wird nur kurz nach unserer Reiseroute gefragt und ob wir Waffen und Feuerholz mit uns führen, welches wir mit gutem Gewissen verneinen können. So erhalten wir keine 5 Minuten später wieder unsere Pässe zurück und dies mit einer erneuten Aufenthaltsdauer von 6 Monaten. Danke Kanada – so macht Reisen wirklich Spass!

Über den «Top of the World Highway» in die Goldgräberstadt «Dawson City» (Yukon)

Bevor wir uns auf den Weg nach Dawson City begeben, verbringen wir ein paar gemütliche Tage in einem Gravel Pit (Kiesgrube) mit toller Aussicht, wo wir mal wieder unsere Homepage auf den aktuellen Stand bringen müssen. Mit dabei sind ebenfalls Sue und Peter, welche das gleiche vorhaben und so sind wir tagsüber in unseren Autos mit Schreiben und Fotos aussuchen beschäftigt, bevor wir uns dann abends zum Apéro treffen. Auch sehen wir hier endlich die ersten Nordlichter der Saison, was für uns bedeutet, dass wir ab jetzt für die nächsten Wochen mit sehr wenig Schlaf auskommen werden müssen ;-).

Der «Top of the World Highway» führt über einen Gebirgskamm auf 127 aussichtsreichen Kilometern von Alaska (Jack Wade Junction) ins Goldgräberstädtchen «Dawson City». Auf diesen kurligen Ort freuen wir uns auch schon lange, hat uns diese Gegend doch schon auf unserer letzten Reise extrem gut gefallen. Mittels einer Fähre schippern wir für ein paar Minuten über den wohl legendärsten Fluss von Kanada, dem Yukon. Im Ort herrscht emsiges Treiben, Reisende aus der ganzen Welt zieht es hierher und man sieht die ausgefallensten Reisemobile.

Wir statten als Erstes dem Visitor Centre einen Besuch ab um nachzufragen, wo man in Dawson City einen Steinschlag in der Windschutzscheibe reparieren lassen kann. Leider haben wir uns in Tok (Alaska) einen Pingpongball grossen Steinschlag eingefangen, den wir unbedingt reparieren müssen, bevor wir weiterfahren. Die Dame im Visitor Centre schaut uns nur an und meint, dass der Einzige, welcher Steinschläge reparieren kann, ein Burnout hat und für mehrere Wochen krankgeschrieben ist. Ach du meine Güte, ist das sogar schon hier oben angekommen? Jä nu, so müssen wir uns mal wieder selber helfen. Immerhin gibt es im Ort einen richtig gut bestückten Hardware Store und so kaufen wir uns ein Windschutzscheiben-Reparatur Kit. Da Sue und Peter dies auch schon selber gemacht haben, können wir von ihren Erfahrungen profitieren. Insgesamt haben wir 7 Steinschläge kassiert, wobei zwei davon richtig grosse sind. Aber wenn wir schon mal dran sind, wird gleich alles geflickt. Auch haben wir auf dem «Top of the World Highway», ihr wisst schon – im «Gravel Pit», eine Optimierung unseres Steinschlagschutzes für die Windschutzscheibe vorgenommen. Es war schon recht mühsam, beim Fahren immer durch dieses Gitter schauen zu müssen. Jetzt haben wir die «Profi 2000» Version gemacht, mit integrierter Plexiglas-Schutzscheibe im Sichtfeld, die Patentierung ist noch pendent ;-). So können wir den Schutz auch auf Asphalt nutzen, da wir die meisten Steinschläge ehrlich gesagt auf solchen Strassen und nicht bei Pisten eingefangen haben.

Auf zu neuen Abenteuern, auf dem berühmten «Dempster Highway» nach Norden (Yukon und Northwest Territories)

Wir verlassen kurzzeitig Dawson City, da wir nach Rückkehr vom Dempster Highway nochmals einen Abstecher in dieses Kultstädtchen machen werden.

Und so stehen wir nun in den Startlöchern für das nächste Abenteuer. Wieder geht es hoch ans Polarmeer, diesmal können wir jedoch mit unseren Fahrzeugen direkt an den «Arctic Ocean» fahren, was auf dem Pendant in Alaska, dem Dalton Highway, mit dem eigenen Fahrzeug leider nicht möglich ist. 880km beträgt die Strecke nach Tuktoyaktuk (alles Erdstrasse), welche auf dem gleichen Weg wieder zurückgefahren werden muss. Obwohl wir die Strecke im 2015 schon mal gemacht haben, freuen wir uns riesig darauf, da nochmals hochzufahren. Denn damals hiess es für uns Endstation in Inuvik, da es noch keine Strasse nach Tuktoyaktuk gab. Dieser kleine Ort konnte nur im Winter über die «Ice Road» erreicht werden und im Sommer per Flugzeug. Seit Ende 2017 ist die Strasse nun das ganze Jahr über befahrbar und somit ist der kleine Ort Tuk, wie er liebevoll von den Einheimischen genannt wird, nicht mehr von der Aussenwelt abgeschnitten.

Zusammen mit unseren Freunden Sue und Peter nehmen wir die vielen Kilometer unter die Räder. Wir haben unsere Tour durch Kanada extra so gelegt, dass wir im Herbst hier oben sind, um die schönen Verfärbungen sehen zu können. Und es hat sich wirklich gelohnt. Die Fahrt ist einfach traumhaft, auch wenn uns dieses Mal Petrus nicht mit viel Sonnenschein verwöhnt. Es ist oft wolkig und regnet immer mal wieder, aber das bedeutet natürlich auch Fahrspass auf diesen matschigen Pisten. Unsere Fahrzeuge sind von oben bis unten mit Schlamm zugekleistert und am Abend muss zuerst mal richtig viel Zeit investiert werden, um die Fenster vom ganzen Dreck zu befreien. Schliesslich brauchen wir freie Sicht wegen der Nordlichter . Nach gut einer Woche erreichen wir Inuvik, das mit ca. 3'500 Einwohner zum grössten Ort hier im Norden zählt. Es ist zwar immer noch ein schräger Ort, hat sich aber doch etwas aufgehübscht im Vergleich zu 2015. Auch befindet sich in Inuvik mit dem Namen «Western Arctic Regional Visitor Centre» ein fantastisches Besucherzentrum, wo der Tourist wirklich herzlich empfangen wird. Beim Besuch erhält man ein schönes Zertifikat zur erfolgreichen Überquerung des «Arctic Circle», richtig guten Kaffee und gratis Kondome. Wir sind echt beeindruckt ab soviel Fürsorge ;-).

Und wie schon auf unserer letzten Reise, muss ich hier natürlich unbedingt mein kanadisches Lieblingsgericht, eine Poutine, essen. Im «Alestine’s», einem wirklich originellen Restaurant, geniessen wir einen kleinen Snack und trinken hier mit $9.50 unser teuerstes Bier aus der 3dl-Büchse.

Immerhin gut gestärkt nehmen wir nun die letzte Etappe nach Norden unter die Räder. In Inuvik endet der Dempster Highway, ab jetzt nennt sich die Piste Inuvik-Tuktoyaktuk Highway. Da sich hier das ganze Arktis-Gebiet auf Permafrostboden befindet, werden die Strassen erhöht auf einem Trasse gebaut, um den darunter liegenden Dauerfrost nicht aufzutauen. Links und rechts der Piste ist im Sommer alles schwammig und feucht und man kann nicht darauf laufen, ohne nasse Füsse zu bekommen. Umso schwieriger ist es hier oben, einen Übernachtungsplatz zu finden. So kommt es wie es kommen muss, wir finden nichts. Einzige Möglichkeit bleibt, einfach direkt auf der Piste zu nächtigen. An einer etwas breiteren Strassenstelle parkieren wir unsere Fahrzeuge direkt hintereinander, stellen die Pannendreiecke auf und nächtigen für einmal mit direktem Highway-Anschluss.

Am nächsten Tag erreichen wir dann voller Freude unser grosses Ziel, das Polarmeer in Tuktoyaktuk. Was für ein unglaubliches Gefühl, hier oben mit unseren Fahrzeugen zu stehen und unsere Füsse im arktischen Ozean baden zu können, einfach fantastisch. Roger kann es nicht lassen und gönnt sich sogar ein Schwumm im Eismeer. Tuktoyaktuk ist übrigens die einzige Verbindung zum Polarmeer in Kanada und zudem ein strategisch wichtiger Hafen, der die westliche Arktis mit Gütern und Lebensmittel versorgt. Wir schauen uns das kleine Dorf noch etwas genauer an und entdecken Iglu förmige Erdhäuser, welche zum Räuchern der Fische benutzt werden. Allzulange verbleiben wir jedoch nicht in Tuk, das Wetter ist hier oben einfach zu garstig.

So blicken wir ein letztes Mal zum Polarmeer, starten den Motor und rollen langsam wieder südwärts, diesmal mit mehr Wetterglück im Gepäck als auf dem Hinweg. Auch haben sich die Herbstverfärbungen in der Zwischenzeit intensiviert und als wir nach 14 Tagen wieder unseren Ausgangspunkt erreichen, sind wir einfach nur überglücklich, dass wir nochmals hier oben sein durften. Einziger Wehrmutstropfen ist, dass wir uns hier nun von unseren Freunden Sue und Peter verabschieden müssen. Ab jetzt sind wir in unterschiedlichen Reiserichtungen unterwegs. Heyyy Chöpf, danke vielmals für die schöne Zeit mit euch, wir haben es so genossen und freuen uns jetzt schon auf ein Wiedersehen, egal wo immer es auf dieser Welt sein mag. Gute Weiterreise euch Beiden und nicht vergessen: «Guruguruuuuuu!!»

Wir stürzen uns ins Nachtleben von Dawson City (Yukon)

Zurück in Dawson City, braucht unser Mogli ein bisschen Aufmerksamkeit von seinem Chefmechaniker. Der Diesel- und Separfilter müssen ausgewechselt werden und die Reifenrotierung steht auch wieder auf dem Programm. Ebenfalls treffen wir hier wieder auf die sympathischen Deutschen Michaela und Markus, welche wir zuvor in Inuvik im Visitor-Centre kennengelernt haben. Auch sie haben ein paar Arbeiten an ihrem Camper zu erledigen und schliessen sich so uns auf dem Parkplatz an. Während Roger dem Duro etwas Gutes tut, verbringe ich den Tag im Waschsalon. Nach einem erfolgreichen Arbeitstag geniessen wir nun das Nachtleben in Dawson City. Zusammen mit Michaela und Markus suchen wir uns ein schönes Restaurant zum Abendessen. Und tatsächlich, so etwas gibt es sogar in Dawson City. Bei der «Drunken Goat Taverna» (betrunkenen Ziege) finden wir ein richtig tolles Lokal und das Essen ist einfach grandios. Gut gestärkt geht es dann in das älteste und nördlichste Spielkasino von Kanada, dem «Diamond Tooth Gerties». Nebst dem Zocken gibt es pro Abend (Hauptsaison) auch drei Liveshows mit Gesang, CanCan Tänzen und das bei richtig authentischer Goldrausch-Atmosphäre. Wir geniessen es so richtig abends mal wieder unterwegs zu sein und bleiben bis zum Schluss der Show. Am nächsten Morgen verabschieden wir uns dann von den beiden Deutschen. Ihr Weg führt weiter nach Alaska und wir fahren wieder südwärts Richtung Whitehorse, der Hauptstadt des Yukon.

Das Nordlichtfieber hat uns gepackt (Yukon)

Ich muss schon sagen, Nordlichter zu spotten bedeutet richtig viel Arbeit. Nie hätte ich das im Leben gedacht, wenn man sich einfach so die schönen Fotos im Internet anschaut. Aber ja, man lernt nie aus und das ist ja gerade das Schöne daran. So viele Faktoren müssen zusammenpassen, damit man das Himmelsspektakel überhaupt zu Gesicht bekommt. Zuerst benötigt man einen wolkenlosen Himmel (ok, es geht auch mit Wolken, aber das sieht nicht so toll aus), dann sollte man einen offenen Platz finden (nicht so einfach in Kanada mit den vielen Bäumen), perfekt wäre noch ein Spot am Wasser wegen der Spiegelung (Wasser gibt es genug in Kanada, aber dazu noch einen offenen Platz – nicht einfach), Ausrichtung sollte gegen Norden sein (ok, das ist machbar) und zu guter Letzt haben wir noch einen weiteren Schwierigkeitsfaktor zu beachten, der Rauch wegen der vielen Waldbrände. Aber ja, das Allerwichtigste kommt erst noch: es muss natürlich auch Nordlichter haben. Wir arbeiten mit verschiedenen Instrumenten, zwei Apps (Aurora Polarlicht-Vorhersage und Aurora Forecast 3d). Ganz genial finde ich auch die Webseite: https://www.gi.alaska.edu/monitors/aurora-forecast. Dazu benutzen wir noch das «Windy App» um zu schauen, wie sich die Bewölkung in den nächsten Tagen verhält. Das tönt jetzt alles grossartig, nützt aber nichts, wenn man kein Internet hat. Und da die Abdeckung im Yukon mehr als spärlich ist, müssen wir uns jeweils richtig vorbereiten, damit wir die Daten für ein paar Tage ziehen können. Hat man alles beisammen und einen guten Spot gefunden, dann heisst es Durchhaltewillen zeigen. Zurzeit ist die Aurora extrem aktiv, oft haben wir einen KP 4 oder KP 5 Wert, was echt nicht schlecht ist. So auch heute. Zwar ist unser Spot nicht wirklich optimal (eingekeilt im Wald) und es regnet wie aus Kübeln.

Aber gemäss unseren Berechnungen wird es in der Nacht aufklaren und die Nordlichter sollen sehr aktiv sein. Also bleiben wir optimistisch und es soll sich für uns so richtig lohnen. Wie vorhergesagt klart es auf und über uns zeigt sich ein gigantisches Nordlicht-Spektakel. Über Stunden tanzen die Nordlichter über unseren Köpfen. Wir sind wirklich kurz davor Auszuflippen, das ist so etwas unglaublich Schönes, wenn man das selber erleben kann. Wir packen unser Kamera-Equipment zusammen und laufen zum Highway runter, damit wir mehr freie Sicht haben. Stundenlang bleiben wir draussen, bis wir unsere Finger vor lauter Kälte fast nicht mehr bewegen können. Aber es hat sich sowas gelohnt und wir freuen uns schon auf die nächsten Nordlichter.

Auf einsamen Pfaden unterwegs auf der «South Canol Road» (Yukon)

Whitehorse, die gemütliche Hauptstadt vom Yukon, suchen wir diesmal nur kurz auf um einzukaufen, damit wir uns wieder in die Wildnis verziehen können. Als nächstes steht die «South Canol Road» auf dem Programm, eine 449km lange Piste, die im zweiten Weltkrieg gebaut wurde um eine Ölpipeline von Norman Wells nach Whitehorse zu führen. Die Pipeline existiert nicht mehr und die Piste wird so gut wie nicht mehr unterhalten und nur sehr wenig befahren. Das klingt ganz nach unserem Geschmack. Und die Strecke ist tatsächlich sehr einsam. Ganze drei Fahrzeuge begegnen uns in drei Tagen und das sind vorwiegend Jäger. Der südliche Teil der Strecke führt durch dichtes Buschwerk, was uns nicht wirklich gefällt. Ich meine, wir lieben wirklich Wälder und Bäume, aber es kann auch sehr einengend sein, wenn man links und rechts der Strasse kein Tageslicht mehr vor lauter Wald sieht. Dafür ist der nördliche Teil wirklich toll. Wir fahren entlang einer gigantischen Seenlandschaft und obwohl es recht kühl ist, muss ich wieder mal auf’s Kayak. Eingepackt in Thermowäsche und Wollmütze geht es los. Roger macht in der Zwischenzeit ein Feuer, damit ich mich wieder etwas aufwärmen kann. Wir bleiben wieder bis frühmorgens draussen, vielleicht zeigt sich uns heute ja noch ein Nordlicht?

Türkisfarbene Seen und mehrfarbige Nordlichter, der Yukon verabschiedet uns mit einem Feuerwerk (Robert Campbell Highway – Yukon)

Von der «South Canol Road» biegen wir ab in den «Robert Campbell Highway», welcher zwar nicht mehr so einsam ist, dafür ist die Piste in einem viel besseren Zustand. Wieder einmal finden wir einen wunderschönen Platz an einem See, wo mein «Rookie» wieder zum Einsatz kommt. Roger lässt die Drohne steigen und sieht, dass die Seen über kleine Flussläufe miteinander verbunden sind und man so vier Seen zusammen abpaddeln kann. Ich bin im Paradies. Schnell wird alles bereit gemacht, Verpflegung eingepackt und schon bin ich unterwegs. Leider zieht unterwegs eine Schlechtwetterfront auf und ich muss umdrehen. Wow, meine Arme tun echt weh. So eine Strecke mit Gegenwind zurückzupaddeln, da fehlen mir echt die Muckis. Auch muss ich einen Flusslauf zu Fuss durchlaufen, da die Gegenströmung zu stark ist und ich nicht hochkomme. Völlig nass und durchgefroren komme ich wieder zurück zum Duro. Also heute wird es definitiv nichts mit Nordlichtern schauen, denn ich bewege mich nicht mehr weg von unserer Mogli-Heizung.

Auf unserem Weg Richtung Watson Lake legen wir noch zwei Stopps ein, einmal beim Frances Lake und einmal beim Simpson Lake. Bei beiden Seen gibt es keine gute Möglichkeit um wild zu campen, dafür gibt es schöne naturnahe Campingplätze (keine Infrastruktur – nur mit Plumpsklo) und kosten auch nicht viel. Dafür ist im Gegenzug das Feuerholz inklusive, was sich natürlich auszahlt, bei unseren nächtlichen Aktivitäten um Nordlichter zu spotten. So können wir uns schön am Feuer warmhalten und den Nachthimmel geniessen. So auch am Frances Lake. Roger hackt soviel Feuerholz, dass ich schon die Befürchtung habe, dass er hier gleich überwintern möchte. Aber wir sind natürlich wieder auf Nordlichter-Jagd eingestellt und haben alle Vorbereitungen getroffen, die Nordlichter können jetzt kommen. Der Himmel ist wolkenlos, wir haben einen offenen Traumplatz am See nach Norden ausgerichtet. Das wird der HAMMER. Wir warten und warten - ja aber wo sind sie denn? Kein einziges Nordlicht zeigt sich am Himmel, wir können es nicht fassen, denn gemäss Forecast müsste heute die Post abgehen. Aber wie man sieht, obwohl wir mit drei Apps bewaffnet sind, macht die Natur trotzdem, was sie will.

Ein bisschen enttäuscht sind wir schon, denn solche Plätze sind wirklich nicht einfach zu finden. Trotzdem fahren wir weiter Richtung Simpson Lake. Hier möchten wir eigentlich nur kurz einen Foto-Stopp einlegen, aber als ich den türkisfarbenen See sehe, müssen wir bleiben. Wir haben heute 26 Grad mit traumhaftem Sonnenschein, also perfektes Kayak-Wetter. Und der Campingplatz, wunderschön in einen Kiefernwald eingebettet, lohnt sich ebenfalls zu bleiben. Wir geniessen erneut die Abendstimmung am Lagerfeuer und werden schon fast etwas melancholisch, denn heute verbringen wir unseren letzten Abend in der Yukon-Wildnis. Auch verzichten wir diesmal auf das Nordlichter spotten, langsam macht sich wirklich Müdigkeit bereit von den kurzen Nächten und die Wetterprognosen für heute Nacht sind nicht prickelnd. Trotzdem lasse ich den Rollladen offen, damit ich aus dem Fenster schauen kann, man weiss ja nie . Und da die innere Uhr einem nach so vielen Wochen automatisch um Mitternacht aufwachen lässt, traue ich meinen Augen nicht, als draussen vor dem Fenster die Nordlichter in verschiedenen Farbtönen tanzen. Das gibt’s ja nicht. Rooooogggeeerrrr aufstehen – geschlafen wird später!

Watson Lake versinkt im Rauch – jetzt holen uns die Waldbrände ein! (Yukon)

Unseren letzten Stopp im Yukon legen wir in Watson Lake ein, wo sich der berühmte «Sign Post Forest» befindet. Hierbei handelt es sich um einen Schilderwald, wo sich Reisende aus aller Herren Länder verewigen können. Auch wir haben wir uns im 2015 schon verewigt und sind jetzt mal gespannt, ob unsere Hinterlassenschaft noch hier ist. Das ist gar nicht so einfach, denn der «Sign Post» versinkt komplett im Rauch. Ach du meine Güte, das sieht wirklich schlimm aus. Der Himmel hat sich dunkelrot gefärbt und Asche regnet auf uns runter. Auch riechen die Haare und Kleidung bereits nach kurzer Zeit nach Rauch. Es ist selbst tagsüber so dunkel, dass man das Licht am Fahrzeug einstellen muss. Ich muss schon sagen, bis jetzt hatten wir ein riesen Glück und wurden von den Waldbränden weitgehendst verschont, aber jetzt kommt die Strecke, wo wir leider nicht mehr ausweichen können, da es keinen Alternativweg gibt. Immerhin wird es gegen Abend etwas besser und wir beschliessen, trotzdem eine Nacht hier zu bleiben. Denn wir brauchen dringend mal wieder Internet. Zudem möchten wir uns nochmals am «Sign Post» verewigen.

Goodbye Yukon – Welcome British Columbia!

Es ist schon witzig, kaum passieren wir die «Welcome British Columbia» Tafel, sind wir wieder im Bärenparadies angekommen. In keinem anderen kanadischen Bundesstaat haben wir bisher so viele Tiere gesehen wie in B.C. Während für die einen B.C. (bring cash) bedeutet, heisst für uns B.C. (bear country). 13 Bären sehen wir an einem Tag, das ist für uns ein neuer Rekord. Wir sind unterwegs auf dem Alaska Highway Richtung Süden und sehen mehr Tiere als selbst in einem kanadischen Nationalpark je zuvor. Nebst Schwarzbären bekommen wir auch einige Grizzlies, Bisonherden, Karibus, Steinschafe und Koyoten vor die Linse. Wow – das macht richtig Spass.

Erholung in den wunderschönen «Liard River Hot Springs» (British Columbia)

Ein Stopp, der wahrscheinlich jeder Reisende auf dem Alaska Highway einlegt, liegt bei den Liard River Hot Springs. Hierbei handelt es sich um natürliche Thermalquellen, welche wunderschön in die Natur eingebettet sind und über verschiedene Temperaturen verfügen. Von extrem heissen 54° bis zu angenehmen 32° kann sich ein jeder seine Wohlfühltemperatur aussuchen. Für uns als Wellness-Liebhaber ist das natürlich ein Paradies und wir verweilen Stunden in den heissen Quellen. Ebenfalls bei den Thermen befindet sich ein schön angelegter Campingplatz, wo wir uns für ein paar Tage einquartieren. So können wir auch nachts noch baden gehen und den Sternenhimmel mal bei angenehmen Temperaturen geniessen.

Nordlichtexplosion am Himmel – besser geht es nicht mehr! (British Columbia)

Frisch erholt und ausgeschlafen geht unsere Nordlichterjagd weiter. Kurz nach Fort Nelson vibriert mal wieder unsere App und wir sehen, dass heute Nacht eine ziemliche Aktivität am Himmel stattfinden soll. Die Wetteraussichten sind ebenfalls grossartig, nur macht uns der Rauch ziemliche Sorgen, welcher sich ziemlich hartnäckig am Himmel festhaftet. Was soll’s, wir suchen uns trotzdem einen geeigneten Platz und landen mal wieder in einem Gravel Pit. Nicht unbedingt hübsch, aber dafür ziemlich offen. Die Kamera-Akkus sind geladen und wir sind auch bereit. Auch habe ich mir in Whitehorse Wärmepads gekauft, welche man sich in die Schuhe stecken kann um die Füsse schön warm zu behalten. Toll - diese Gadgets! Und als ob wir es bestellt hätten, kommt am Abend ein starker Wind auf und der Rauch verschwindet. Und so heisst es ab jetzt: «Let the show begin!» Und was sich uns heute Abend zeigt, kann man eigentlich gar nicht mehr beschreiben. Die Nordlichter sind so aktiv und tanzen in allen Farben, es sieht aus, als ob Regenbogen explodieren würden. Auch sehen wir diesmal wunderschön die Korona, es ist einfach ein Traum. Aber lassen wir doch die Bilder sprechen. Denn davon gibt’s einige ;-). Während 5 Stunden stehen wir draussen und nur ein ziemlich laut raschelndes Geräusch im Gebüsch lässt uns ziemlich schnell in den Duro verschwinden. «Das ist bestimmt ein Bär», sage ich zu Roger. Er lacht mich aus und meint, dass die Phantasie etwas mit mir durchgehen würde. Ja ja, man wird einfach nicht ernst genommen. Aber als ich am Morgen frische Bärenkacke hinter dem Duro entdecke (also etwa 20m entfernt) und wir beim Verlassen von unserem Übernachtungsplatz auf einen grasenden Grizzly stossen, müssen wir doch Beide schmunzeln.

Ein Sonnensturm der Kategorie G2 und ein KP6 Wert – Nordlichteralarm der Superlative (British Columbia)

Wie man vielleicht merkt, ist dieser Reisebericht und unsere Fotogalerie stark den Nordlichtern gewidmet. Wir haben schon zu Beginn der Reise unsere Tour bewusst so gewählt, dass wir viel Zeit im Norden verbringen werden, um dieses faszinierende Phänomen so oft wie möglich sehen zu können. Aber dass wir noch einen G2-Sonnensturm mit KP6 Wert erleben dürfen, hätten wir uns nie vorstellen können. Auch sind wir sogar noch mitten im Nordlichtgürtel, das ist einfach sensationell. Wir finden diesmal einen perfekten Platz auf einer kleinen Landzunge an einem See. Den Duro können wir schön nach Norden ausgerichtet parkieren und haben so einen optimalen Ausblick. Und dann werden wir gefordert: bereits um 20.00 Uhr geht es los, es ist noch nicht mal dunkel, aber wir können die Nordlichter bereits sehen. Wie wild tanzen sie am Himmel und es wird immer verrückter. Sie sind überall, wir können es gar nicht mehr fotografieren. Ich möchte nicht wissen, wie hoch unser Puls gerade ist. Das ist ja einfach abartig. Der Himmel brennt in violett und grün, wir können unser Glück kaum fassen. Aber dies zu fotografieren ist fast nicht mehr möglich. Für einmal sind es zu viele Nordlichter. So legen wir die Kamera weg und geniessen einfach das Spektakel, es ist so atemberaubend schön. 7 Stunden verbringen wir draussen und als wir ins Bett gehen, tanzen die Nordlichter immer noch vor unserem Fenster. Die Lasershow will diese Nacht einfach nicht aufhören.

Auf Abwegen durch die Rocky Mountains (Alberta)

Der Alaska Highway liegt hinter uns und wir freuen uns nun auf die Tour durch die Rocky Mountains. Diesmal lassen wir die touristischen Reiseziele wie Jasper und Banff jedoch aus, da wir diese Parks bereits kennen. Viel mehr reizt uns eine Backroad-Piste entlang der Rocky Mountains. Die Gravel Flat Road, welche durch den «Whitehorse Wildland Provincial Park» und über einen 2’000m hohen Pass führt, möchten wir diesmal unter die Räder nehmen. Dabei handelt es sich um eine 4x4 Strecke, welche Bodenfreiheit benötigt. Oh wow, das ist mal wieder etwas anderes zu fahren. Wir geniessen die Fahrt sehr und bekommen so die Rocky Mountains mal aus einer anderen Perspektive zu sehen.

Stopover in Calgary (Alberta)

Zweimal waren wir schon in Calgary, aber mehr als den Flughafen und die Outlet-Stores kennen wir eigentlich nicht. Das muss sich ändern. Nach den vielen Wochen in der kanadischen Wildnis ist es schon ein sehr befremdliches Gefühl, auf einmal wieder so viele Menschen zu sehen und erst noch dieser Verkehr. Wobei, der Verkehr ist eigentlich nicht schlimm, wir sind es nur nicht mehr gewohnt . Wir schlendern durch die schön gestaltete Fussgängerzone, schauen uns die Parks an und geniessen mal wieder internationale Küche. Aber nach einem Tag reicht es uns schon wieder und wir fahren raus aus der Stadt.

Besuch der kanadischen Badlands im «Dinosaur Provincal Park» (Alberta)

Wow – was für ein Kontrast, wir sind in der Prärie. Die Landschaft ist flach, es gibt fast keine Bäume mehr und auf einmal sackt einfach die Erde ab und unter uns tut sich eine fremdartige Gegend auf. Wir sind in den Badlands angekommen, auf Deutsch: Ödland. Aber öde ist es keineswegs, denn die skurrilen Felsformationen und Canyons sind mehr als beeindruckend. Und wenn man bedenkt, dass es hier vor 75 Millionen wie im Film «Jurassic Park» ausgesehen haben muss, tropisch und von Flüssen durchzogen, kann man sich das in der heutigen Wüstenlandschaft kaum mehr vorstellen. Der «Dinosaur Provincial Park» ist aber mehr als nur eine spannende Landschaft, er zählt zu den bedeutendsten Dinosaurier-Fundorten der Welt und gehört zum Weltnaturerbe. 350 vollständige Dinosaurier-Skelette wurden hier ausgegraben und 42 verschiedene Dinosaurier Arten entdeckt. Wir schauen uns das spannende Museum an und wandern während Stunden durch das faszinierende Gebiet. Die verschiedenen «Hoodos» (Felstürme) strahlen zusammen mit dem stahlblauen Himmel um die Wette. Ein wundervoller Ort, um uns von Kanada zu verabschieden.

Fazit Kanada:

Kanada, das zweitgrösste Land der Welt mit seiner wilden und ungezähmten Natur, wo Mensch und Tier noch nebeneinander Platz haben und zusammenleben können. Es gibt viele Wälder und Seen, die Distanzen sind enorm. Aber jetzt kommt wieder das Wort «Platz», ja, den gibt es hier wirklich noch und zwar für jedermann. Es wird schwierig werden, wenn man sich ab jetzt wieder einen See mit anderen Menschen teilen muss, denn dieses Privileg ist für uns schon fast zur Normalität geworden. Auch die wunderschönen Übernachtungsplätze, oft irgendwo am Wasser gelegen, werden uns richtig fehlen. Kanada ist ein Paradies für Natur- und Tierliebhaber und wenn man Nordlichter mag, kommt man hier oben auch voll auf seine Kosten. Aber es gibt natürlich auch Schattenseiten und das waren in diesem Jahr die schlimmen Waldbrände. Für die Einheimischen natürlich einiges einschneidender als für uns, aber doch mussten auch wir öfters mal eine Routenänderung vornehmen und konnten so leider nicht die Northwest Territories mit Yellowknife bereisen, welche ganz dick auf unserer Reiseliste gestanden hätte. Aber wie sagt man so schön – so haben wir wieder einen Grund mehr um zurückzukehren.