Highlights: Edmonton, Abraham Lake, Icefield Parkway, Lasalle Lake, Ksan Historical Village, Stewart/Hyder, Salmon Glacier, Cassiar-Stewart Highway, Boya Lake Provincial Park, Whitehorse, Alaska Highway, Kluane Lake
Endlich im Westen Kanadas angekommen, müssen wir aufgrund der vielen Waldbrände etliche Male unsere Route neu anpassen. Anstatt direkt nordwärts zu fahren, machen wir einen 600km langen Umweg unter anderem durch den berühmten «Icefield Parkway». Dies hat sich mehr als gelohnt, denn wir werden unterwegs mit wunderschönen Bärenerlebnissen und traumhaftem Wetter belohnt. Auch die Stopps entlang des «Cassiar-Stewart Highway» mit dem «Salmon Glacier» und dem karibikanmutenden «Boya Lake» lassen die Fahrt in den Yukon zu einem Reisehighlight werden.
Wendepunkt in Edmonton, anstatt nordwärts fahren wir wieder südwärts (Alberta)
Edmonton, die Hauptstadt vom Bundesstaat Alberta, nutzen wir vor allem um unsere Vorräte aufzustocken und günstigen Diesel zu tanken. Mit CHF 0.77 pro Liter macht es wieder richtig Freude, die Tanks zu füllen. Auch sind die Lebensmittel aufgrund tieferer Taxen wieder etwas günstiger geworden, was die Reisekasse natürlich freut. Kanada gehört nicht gerade zu den preiswerten Reiseländern und seit unserer letzten Reise im 2014/2015, haben sich die Preise fast verdoppelt. Zum Glück erfreuen wir uns eines starken Schweizer Frankens, wodurch sich der Preisanstieg für uns etwas relativiert.
Voll beladen heisst es jetzt nur noch, einen geeigneten Platz zum Übernachten zu finden. Leider haben wir in Edmonton nichts Lauschiges gefunden, weshalb wir mit einer Tankstelle etwas ausserhalb der Stadt Vorlieb nehmen müssen. Und wenn wir schon an einem solchen Ort kostenlos übernachten dürfen, gehen wir dafür als Dankeschön ins Restaurant essen. Bei den Truckies gibt es immer herzhafte Kost, «guet und gnueg», würde man auf gut schweizerisch sagen. Und diesmal hat sich unser Restaurantbesuch mehr als gelohnt, denn wir lernen eine äusserst freundliche Kellnerin kennen, die nicht nur aufmerksam serviert, sondern auch gute Reisetipps gibt. Als sie uns nach unserer Reiseroute fragt, zucken wir mit unseren Schultern und antworten: «Ehrlich gesagt, wir wissen es nicht.» «Wie, ihr wisst nicht wohin ihr fahrt?», fragt sie schmunzelnd. Nein, wir haben wirklich keinen Plan. Denn die massiven Waldbrände im Westen Kanadas zwingen uns immer wieder zu Routenanpassungen. So auch diesmal. Eigentlich wären wir von Edmonton via den «Alaska Highway» nordwärts in den Yukon gefahren. Aber dies wollten wir nicht, da auf dieser Route mehrere Waldbrände wüten und wir so tagelang durch den Rauch hätten fahren müssen. Unsere geplante Alternativroute wäre via Hinton nach Prince George gegangen. Aber kurz vor unserer Abfahrt ist auch auf dieser Strecke ein Waldbrand ausgebrochen, weshalb man ein Teilstück komplett gesperrt hat und diese Route nun auch nicht mehr passierbar war. Unsere Kellnerin überlegt hin und her und wir holen derweilen die Strassenkarte heraus. Nehmt den «Highway 22» nach Rocky Mountain House und fahrt dann weiter den «David Thompson Highway», dies wäre landschaftlich eine wunderschöne Strecke und ist eigentlich nicht so ein grosser Umweg. Na ja, 600km mehr ist in Kanada tatsächlich nicht viel und da vor uns sowieso eine der landschaftlich schönsten Regionen Kanadas liegt, spielen die Kilometer eine Nebenrolle. Wir sind begeistert von der Route und geben der Kellnerin ein saftiges Trinkgeld für den freundlichen Service und die super Reiseempfehlung.
Wir sind wieder in den Rocky Mountains (Alberta und British Columbia)
Die Fahrt entlang dem «David Thompson Highway» ist ein Traum. Vor uns liegen die wilden Rocky Mountains (Rockies), eine ca. 4’800km lange Bergkette, welche sich von Alberta/British Columbia bis südlich nach New Mexico in den USA erstreckt.
Das Gras spriesst in den saftigsten Grüntönen und die Wildblumen blühen am Wegesrand in ihrer Farbenpracht. Und was jetzt absolut nach Rosamunde Pilcher tönt, ist wirklich so kitschig 😉. Und das «Tüpfli» auf dem i sind natürlich die Schwarzbären, welche sich ebenfalls am saftigen Grün und den Blumen am Strassenrand erfreuen. Unsere Spiegelreflex-Kamera wird mal wieder so richtig gefordert. Auch die Übernachtungsplätze entlang des «Abraham Lakes» lassen jedes Camperherz höherschlagen. Wir finden alle paar Meter einen Topspot am Wasser zum Bleiben. Ebenfalls liegt auf unserer Route ein Teilstück des berühmten «Icefield Parkway», welcher die beiden Nationalparks «Jasper» und «Banff» miteinander verbindet. Diese Strecke wollten wir eigentlich nicht mehr fahren, da wir diese bereits dreimal auf früheren Reisen gefahren sind und die Gegend wirklich gut kennen. Aber wenn die Umfahrung durch diese Parkstrasse führt, sagen wir natürlich nicht nein dazu. Bei «Saskatchewan R. Crossing» biegen wir in den kostenpflichtigen «Icefield Parkway» ein und gelangen sogleich zur Zahlstation. Aber wir haben die Rechnung ohne die Kanadier gemacht. Die Dame an der Mautstelle ist wegen unserem Duro so aus dem Häuschen, dass sie kein Geld von uns will. Schliesslich kommen wir von so weit her und müssen auch noch solche Umwege wegen der Waldbrände fahren, da könne sie von uns kein Geld verlangen. Es ist schon unglaublich, welche Freundlichkeit uns von den Menschen hier immer wieder entgegengebracht wird. Da verlieren unzählige Einheimische ihr Hab und Gut wegen der Waldbrände und sie entschuldigen sich bei uns Reisenden für die Umstände. Das lässt einem mal wieder richtig sprachlos werden.
Bärenhighlight von Jasper nach Prince George (British Columbia)
Der «Icefield Parkway» liegt hinter uns und auch die vielen Touristenmassen, welche verständlicherweise die zwei berühmtesten Nationalparks Kanadas besuchen. Das ist das Schöne daran, wenn man schon mal hier war und nun nur noch die Rosinen picken darf 😉. So freuen wir uns auf die Strecke von Jasper nach Prince George, welche landschaftlich nicht so beeindruckend ist, dafür gibt es aber viel weniger Verkehr und wir haben so die Möglichkeit mal anzuhalten, wenn wir etwas tierisches am Strassenrand entdecken. Wenn einem immer ein Fahrzeug am Hintern klebt, kann man nicht einen Vollbremser einlegen, wenn man einen Bären entdeckt. Und das wäre auf dieser Strecke tatsächlich richtig blöd gewesen, denn die Fahrt entpuppt sich zu unserem Bärenhighlight von Westkanada. Innerhalb von einer Stunde entdecken wir neun Schwarzbären, einen braunen Schwarzbären und einen Elch. Kann sich mal einer vorstellen, was das für ein Stress ist? Mit schon fast yogaähnlichen Positionen wird aus dem Auto fotografiert, da man ja bei Bären nicht unbedingt aussteigen soll. Auch ist unser Duro ein ziemlich lautes Fahrzeug, wo die Bären die Hinterpfoten lupfen und sich nichtswieweg aus dem Staub machen, sobald wir anrollen. Da muss die Kamerafrau/Mann schon voll «on duty» sein. Völlig ausgelaugt, aber überglücklich von den vielen Tiersichtungen, erreichen wir am Abend unsere Lieblings-Recreation Site am «Lasalle Lake». Das Schöne am Bundesstaat «British Columbia» ist, dass sie viele «Recreation Sites» (Erholungs-Plätze) kostenlos zum Campen anbieten. Das sind richtig tolle Plätze, oft an einem See oder Fluss gelegen, und meistens verfügen sie sogar noch über ein Plumpsklo und Feuerholz. Es ist so schön wieder hier zu sein, dass wir gleich drei Nächte bleiben. Hier können wir uns noch etwas ausruhen, bevor wieder lange Fahrtage in den Norden auf dem Programm stehen.
Abstecher nach Stewart/Hyder mit einem bärenstarken Auftritt (British Columbia / Alaska)
Es gibt zwei Möglichkeiten auf der Strasse in den Yukon zu gelangen, entweder über den «Cassiar-Stewart Highway» oder via den «Alaska Highway». Da wir uns wie oben erwähnt aufgrund der Waldbrände für den «Cassiar» entschieden haben, werden wir den «Alaska Highway» auf dem Rückweg unter die Räder nehmen. Auch ist der «Cassiar-Stewart Highway» die einsamere und gemütlichere Strecke, da der grosse Lastwagenverkehr über die Hauptroute des «Alaska Highway» fährt. Zudem gibt es ein paar richtig tolle Highlights, die den Reisenden unterwegs erwarten und so die langen Fahrtage etwas unterbrechen. Einmal Blinker links rein und abbiegen auf die Stichstrasse nach Stewart/Hyder, so lautet unser heutiges Tagesmotto.
Und einmal mehr zeigt sich uns Kanada wieder von seiner Bilderbuchseite. Hochaufragende Berge, wilde Flüsse und glasklare Seen, einfach ein Traum. Am Ende der Stichstrasse befinden sich die beiden Ortschaften Stewart und Hyder, welche sich wahrscheinlich den schrägsten Grenzposten von ganz Nordamerika teilen. Also Stewart gehört noch zu Kanada und Hyder befindet sich in Alaska, also den USA. Und wie erwähnt, handelt es sich hier um eine Sackgasse, also von Hyder kann man mit dem Fahrzeug nirgendswo mehr hin. Fahren kann man nur noch auf einer Piste hinauf zum Salmon Glacier, der übrigens wieder zu Kanada gehört und dann muss man alles wieder zurückfahren. Ab und zu fragt man sich ja schon, wie früher die Länderaufteilungen zu Stande gekommen sind. Aber das macht das Reisen umso spannender und man lernt viel über Geografie 😉.
Wir fahren auf jeden Fall mal kurz rüber nach Alaska. Auch wenn es im Juni für die Lachs fischenden Grizzlies noch zu früh ist, haben wir doch wieder ein tierisches Bärenerlebnis. Wir entdecken einen Schwarzbären am Strassenrand und halten an. Die Bärin lässt sich von uns nicht stören und frisst genüsslich Gras. Auf einmal raschelt es im Wald. Upps, da müssen noch mehr Bären sein. Wir sind auf der Lauer und entdecken tatsächlich noch zwei weitere Bären. Jööö sind die herzig. So winzig kleine Bären haben wir noch nie gesehen, die haben sogar noch richtig Flaum auf dem Kopf. Wie kleine Teddybären schauen sie aus und sind so verspielt. Man möchte sie am Liebsten knuddeln gehen. Da sie aber doch recht versteckt im Wald sind, können wir sie nicht gut fotografieren. Aber das ist egal, über eine halbe Stunde erfreuen wir uns einfach am Anblick. Irgendwann wird es der Mutter doch zu viel und sie zieht mit ihrem Nachwuchs tiefer in den Wald. Wir warten und warten in der Hoffnung, dass sie vielleicht doch noch zurückkommen und beobachten den Wald. Auf einmal ruft Roger, «Schau nur, da vorne tapst die Bärenmutter mit ihren Kleinen vor unserem Duro über die Strasse, als ob sie uns ihre Jungen doch nochmals präsentieren möchte!» Was für ein schönes Erlebnis!
Sonne, Eis und Flip Flops am «Salmon Glacier» (British Columbia)
Weiter geht die Fahrt zu unserem eigentlichen Ziel heute, dem Salmon Glacier. Auch hier waren wir schon einmal, aber damals im August und somit zur Hauptreisezeit. Jetzt im Juni ist nicht soviel los und wir können den Gletscher «fast» für uns alleine geniessen. Was uns jedoch erstaunt ist, wieviel Schnee noch beim Gletscher liegt. Teils liegen die Schneewände entlang der Piste meterhoch. Eigentlich wollten wir zu unserem damaligen Übernachtungsplatz fahren, aber da liegt noch soviel Schnee, dass es kein Durchkommen gibt. Aber Not macht bekanntlich erfinderisch und so entdecken wir entlang der Piste einen kleinen Pullout, wo wir mit einem fantastischen Blick auf den Gletscher und einem Tausenddollar-Übernachtungsplatz belohnt werden. Wow, dass man an einem solchen Ort überhaupt noch übernachten darf, einfach gigantisch. Und obwohl wir uns auf 1’500m befinden, ist es so warm, dass wir kurzärmlig und in Flip Flops draussen sitzen können.
Am nächsten Tag verlassen wir dann wieder Alaska und gehen zurück nach Stewart/Kanada. Und man glaubt es kaum, aber in Kanada müssen wir wieder eine komplette Einreise machen. Als man uns fragt woher wir kommen, schauen wir uns schon etwas erstaunt an. Na ja, also viele Möglichkeiten gibt es nicht. Ihr wisst ja, Hyder ist eine Sackgasse und man kommt nicht weiter 😉. Nun, wir nehmen es mit Humor und antworten geduldig auf die vielen Fragen, die man uns stellt. Schliesslich wollen wir ja wieder zurück nach Kanada.
Karibik-Feeling am «Boya Lake», ein Kayak-Paradies der Superlative (British Columbia)
Wir brausen weiter nordwärts auf dem «Cassiar-Stewart Highway» und steuern unser nächstes Ziel an, den «Boya Lake Provincial Park». Seit ich mein Kayak habe, liege ich Roger in den Ohren wegen diesem See. Der «Boya Lake» ist bekannt für sein grün- und türkisschimmerndes Wasser, weshalb er auch die Karibik von Kanada genannt wird. Auch gibt es unzählige kleine Inseln und Buchten im See, die natürlich nur auf dem Wasserweg erkundet werden können. Zum «Provincial Park» gehört noch ein kleiner Campingplatz, der sich schnell füllt und am frühen Nachmittag meistens schon voll ist. Wir sind am Mittag da und ergattern uns noch einen Platz in Seenähe, damit wir das Kayak nicht zu weit tragen müssen. Und was soll ich dazu noch schreiben, der See ist einfach der Oberhammer. Stundenlang paddle ich durch die verschiedenen Buchten. Das ist Wasser ist so glasklar, dass man metertief hinunterschauen kann und die Fische sieht, fast wie auf einer Glasbodenboot-Tour. Meiner Begeisterung kann sich Roger nur schwer entziehen und so mietet er sich am nächsten Tag auch ein Kayak. So paddeln wir zu zweit den See ab, was natürlich umso schöner ist. Einziger Wehrmutstropfen sind die Motten am Campingplatz, die einem den Aufenthalt wirklich vermiesen. Zu Tausenden schwirren sie einem um den Kopf und sind überall da, wo man sie nicht haben möchte. So zieht es uns nach drei Tagen wieder weiter, auch weil wir noch einen Termin in Whitehorse haben.
Geschafft – wir sind im Yukon! Und einen Geburtstag zu feiern gibt es auch noch 😎
Und auf einmal steht sie vor uns, die riesige Tafel mit «Welcome to Yukon». Wow – was für ein schönes Gefühl. Endlich sind wir da – wie lange haben wir uns darauf gefreut. Yukon – das steht für Abenteuer, Wildnis pur, Goldrausch und natürlich die Romane von Jack London. Wir freuen uns riesig wieder hier zu sein! Unseren «Cassiar-Stewart Highway» haben wir nun hinter uns und fahren ab jetzt weiter auf dem «Alaska Highway», der uns dann über die Grenze in die USA bringen wird. Aber dazu dann später mehr.
Zuerst stehen mal wieder Feierlichkeiten auf dem Programm und dazu fahren wir weiter nach Whitehorse, in die Hauptstadt des Yukons. Rogers Geburtstag steht vor der Tür und damit es nicht nur Büchsenfutter aus dem Notvorrat gibt, steht mal wieder ein grösserer Einkauf auf dem Programm. Auch möchten wir mal wieder richtig schön auswärts essen gehen und Rogers Wunsch, ein dickes Steak auf dem Teller zu haben, soll in Erfüllung gehen. Damit es kein Reinfall wird, fragen wir in der Touristeninformation nach, wo man hier ein gutes Steak essen kann. Die Dame schaut uns ungläubig an und fragt uns, ob wir hier im Yukon denn irgendwo Kühe gesehen hätten? «Hmm, nein, eigentlich nicht», antworten wir. «Genau!», meint sie, «es gibt hier nämlich auch keine. Im Yukon gibt es nur Büffel.» Nun ja, Büffel kann man ja auch essen und die Steaks sind dann sicher noch grösser, geben wir zu bedenken. «Ja klar, Büffel-Steaks, das gibt’s hier. Nur leider haben die besseren Restaurants am Sonntag und Montag geschlossen.» Weil man im Yukon den Montag nicht besonders leiden mag, ist hier vieles zu. Wir können uns ein Grinsen nicht verkneifen und haben vollstes Verständnis für die vom Montags-Blues geplagten Yukoner. Nur schade, dass Rogers Geburtstag gerade auf den Montag fällt. So gönnen wir uns halt im Supermarkt diverse Leckereien und verziehen uns wieder raus in die Natur; dahin, wo es uns sowieso am besten gefällt. An einen einsamen Platz irgendwo am Wasser und stossen in gemütlicher Zweisamkeit auf Rogers Geburtstag an.
Bereits tags darauf geht’s dann weiter über die Grenze nach Alaska (USA). Hier wartet das langersehnte Wiedersehen mit Freunden, aber auch alten Reisebekannten auf uns. Doch mehr dazu und weitere spannende Erlebnisse gibt es wie immer im nächsten Reisebericht.