nichtswieweg... vier Abenteurer unterwegs

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Gefahrene Route
Reisekosten
Kanada – der Osten inkl. Neufundland und Labrador
Reisebericht vom 12.04.2023 bis 18.05.2023, Kanada
Highlights Nova Scotia: Halifax, Chester, Mahone, Lunenburg, Cape Sable Islands, Cape Forchu, Balancing Rock, Annapolis Royal, Wolfville, North Sydney
Highlights Neufundland: Port-aux-Basques, Codroy Valley, Corner Brook, Come by Chance, Cape St. Marys, St. Johns, Chance Cove, Trinity, Bonavista Halbinsel, Eisberg Allee, Twillingate, Gros Morne National Park, Arches Provincial Park, St. Barbe - Fährüberfahrt nach Labrador
Highlights Labrador: Blanc-Sablon, Point Armour, Happy Valley-Goose Bay, Hamilton Falls, Labrador City, Trans Labrador Highway

5.5 Jahre nach Rückkehr von unserer Panamericana-Reise, stehen wir erneut am Flughafen Zürich mit Ziel Halifax/Kanada. Wir können es kaum erwarten, nach solanger Zeit wieder unterwegs zu sein. Mit dabei ist erneut unser treuer Reisegefährte «Mogli». Diesmal möchten wir vor allem Amerikas hohen Norden ausgiebig erkunden und so dürfen auf der Reiseliste «Neufundland und Labrador» natürlich nicht fehlen.
Nebst eisigkalten Temperaturen und teils winterlichen Schneeverhältnissen, erwarten uns spektakuläre Eisformationen in einer unwirklich erscheinenden Landschaft. Auch die Fährüberfahrt nach Labrador, wo wir von einem Eisbrecher durchs Packeis eskortiert werden, ist ein Erlebnis der Superlative. Als ob das nicht genug wäre, erleben wir auf dem Trans Labrador Highway die erste Nordlichter-Show unseres Lebens. Was für ein grandioser Auftakt zu unserer Nordamerika-Reise.

Ankunft in Halifax und Mietwagenrundreise durch das südliche Nova Scotia

Als ob es erst gestern gewesen wäre, stehen wir wieder am Flughafen in Halifax und können es kaum glauben, dass wir wieder hier sind. Ende September 2014 hatten wir schon mal unseren Duro nach Halifax verschifft und waren dann drei Jahre auf der Panamericana unterwegs. Dabei hat es uns unter anderem extrem gut im hohen Norden von Kanada und Alaska gefallen, weshalb wir diese Regionen diesmal etwas ausgiebiger erkunden möchten. Also brechen wir nun auf zu unserer grossen Nordamerika-Reise.

Die Einreise nach Halifax ist diesmal ein Kinderspiel. Die Registrierung wird per App gemacht und das Einreiseprozedere muss an einem Selfregistration-Terminal selber erledigt werden. Keine Interviews mehr und ruckzuck warten wir schon draussen am Flughafen auf unseren Shuttle-Bus. Da wir nachts angekommen sind, haben wir uns in der Nähe ein Flughafenhotel gebucht, damit wir dann gemütlich am nächsten Morgen nach Halifax fahren können.

Mit einem Uber fahren wir am nächsten Tag zu unserem Hotel in Bayers Lake (Stadtteil von Halifax), welches strategisch gut gelegen ist um zu Fuss zum Spediteur sowie zum Zoll zu gelangen. Da unser Mogli heute ebenfalls in Halifax eintrifft, freuen wir uns ungemein, unseren Reisegefährten so schnell wie möglich aus dem Hafen zu holen. Leider macht uns der Zoll einen Strich durch die Rechnung. Heute haben wir Donnerstag und wir erhalten den frühesten Abholtermin am darauffolgenden Montag um 08.30 Uhr. Wir überlegen, was wir machen sollen. Die Wetteraussichten sind hervorragend und da wir Halifax bereits kennen, haben wir keine Lust, die Wartezeit in der Stadt zu verbringen. So mieten wir uns kurzerhand ein Auto, um uns die südliche Spitze von Nova Scotia anzuschauen. Einen Teil haben wir bereits auf unserer letzten Reise gemacht, aber bis ans Südkap runter waren wir noch nicht gekommen. Schön, spart man sich immer noch etwas für später auf :-).

Entlang der Leuchtturmroute fahren wir durch unzählige kleine, im Marinelook getünchte Dörfer, die mit ihren farbigen Hausfassaden um die Wette strahlen. Die bunten Häuser sind so schön anzuschauen und jedes Haus hätte ein eigenes Foto verdient. Aber ja, die Megabytes sind leider nicht unbeschränkt verfügbar. So begnügen wir uns mit einem kleinen «Best of». Besonders gefallen haben uns die kleinen Städtchen Chester und Mahone an der Mahone Bay. Aber auch das zum UNESCO Kulturerbe gehörende Lunenburg, welches 1753 von Deutschen und Schweizern Siedlern gegründet wurde, besticht mit seinen auffälligen, immer noch sehr gut erhaltenen Holzhäusern in allen Farben. Leider steppt zu dieser Jahreszeit nicht gerade der Bär in diesen Ortschaften, aber immerhin finden wir ein geöffnetes Restaurant, damit man mal etwas essen kann. Nebst den bunten Dörfern entdecken wir auch immer wieder karibisch anmutende Strände mit türkisfarbenem Wasser. Nur die Palmen fehlen noch.

Da wir die Mietwagenreise spontan gebucht haben, müssen wir uns natürlich jeden Tag noch um eine passende Unterkunft kümmern. Für heute Abend haben wir uns ein kleines aber feines B&B auf Cape Sable Island gebucht, ganz im Süden von Nova Scotia. Herzlich werden wir von der Gastgeberin Louise in ihrem Zuhause begrüsst. Ihr B&B umfasst gerade mal ein Zimmer und so wird der Aufenthalt richtig familiär. Gefrühstückt wird bei ihr in der Küche und während des Morgenessens erhalten wir viele Tipps für die Weiterreise. Sie hat uns sogar ein richtiges Reiseprogramm auf einen Zettel geschrieben. Gut vorbereitet starten wir dann auf die westliche Seite von Nova Scotia und machen erstmal Halt beim Leuchtturm «Cape Forchu». Hier erfahren wir von Einheimischen, dass dieser Leuchtturm 2019 Drehort für den Horrorfilm «The Lighthouse» mit Robert Pattinson und Willem Dafoe war. Einen weiteren Abstecher mit kleiner Wanderung unternehmen wir zum «Balancing Rock», einer freistehenden Basaltsäule an der St. Marys Bay. Unsere kleine Rundreise durch den Süden beenden wir mit einem Kirchenbesuch in Wolfville, schliesslich haben wir heute Sonntag und wir möchten auf unsere bevorstehende Reise anstossen bzw. Fürbitten. Aber ja, anstossen ist schon das richtige Wort. Denn die Kirche wurde zu einer Bierbrauerei umgebaut und das Gute daran, man sitzt sogar auf bequemen Bänken.

Auslösung Duro und Reisevorbereitung in Halifax

Zurück in Halifax sind wir am nächsten Morgen voller Vorfreude und hoffen, unseren Duro unversehrt in Empfang nehmen zu können. Da nur eine Person ins Zoll- und Hafengelände darf, bleibe ich derweilen im Hotel und packe unsere Sachen zusammen, während Roger den Duro abholt. Keine zwei Stunden später rollt unser fahrendes zu Hause auf den Parkplatz. Wie schon beim letzten Mal, hat die Verschiffung mit Seabridge wunderbar geklappt und wir können es kaum erwarten, endlich loszufahren. Zuerst steht natürlich ein Grosseinkauf bei Walmart auf dem Programm und ein Besuch bei Canadian Tire, wo wir eine amerikanische Gasflasche kaufen. Mittels eines Adapters passt die amerikanische Flasche perfekt auf unseren deutschen Gasanschluss und wir können nun überall problemlos Gas auffüllen lassen.

Vollgepackt mit Lebensmittel, Wasser und Diesel starten wir nun zügig unsere Reise nordwärts entlang des Marine Driveways. Viele Stopps legen wir nicht ein, da wir diese Gegend bereits auf unserer letzten Reise angeschaut haben und dann auch noch zur schöneren Jahreszeit im Herbst. Was uns diesmal jedoch auffällt, sind die vielen zerstörten Häuser in Küstennähe und wie unaufgeräumt es aussieht. Das sieht Kanada gar nicht ähnlich. Erst später erfahren wir, dass im letzten Herbst der Hurricane «Fiona» über Nova Scotia und Süd-Neufundland hinwegzogen ist und ein Mass an Zerstörung angerichtet hat.

Fährüberfahrt Nova Scotia nach Neufundland

Wenige Tage später erreichen wir North Sydney, den Fährhafen für die Verschiffung nach Neufundland. Lange waren wir uns nicht sicher, ob wir überhaupt nach Neufundland und Labrador reisen sollen, da wir doch recht früh in der Saison unterwegs sind und es soweit im Norden bestimmt noch recht winterlich zu und her geht. Aber ein drittes Mal werden wir wohl nicht mehr nach Halifax verschiffen (sag niemals nie ;-)) und bislang haben wir eigentlich nur Positives von diesem riesigen Bundesstaat gehört. Also ist die Entscheidung gefallen, die Fähre gebucht und wir finden einen herrlichen Übernachtungsplatz mit einem kitschigen Sonnenuntergang ausserhalb von North Sydney. Am Abend klopft es bei uns an der Tür und wir lernen die beiden Amerikaner Jennifer und Jonathan kennen. Kommen euch diese Namen bekannt vor? Ich sage nur: «Hart aber Herzlich». Natürlich sind sie das nicht, aber es ist eine gute Eselsbrücke, wenn wir mal wieder die Namen vergessen. Von ihnen wurden wir dann auch auf die «crazy nuts» getauft (verrückte Nüsse), da wir jetzt zu dieser Jahreszeit nach Neufundland gehen. Übrigens, sie haben auch die Fähre für den nächsten Tag gebucht. Also vier verrückte Nüsse die nach Norden reisen, das kommt bestimmt gut.

Pünktlich auf die Minute verlässt die Fähre den Hafen von North Sydney und wir starten unsere Überfahrt ins Ungewisse. Der Wind tobt und bietet uns einen leichten Vorgeschmack dessen, was uns die nächsten Wochen erwarten wird. Dafür klart das Wetter auf und bei purem Sonnenschein erreichen wir 7 Stunden später den kleinen Hafen «Port-aux-Basques». Zusammen mit «Hart aber Herzlich» campen wir etwas ausserhalb des Dorfes auf einem Parkplatz direkt am Meer. Wir sind jetzt schon von der Landschaft und den Temperaturen begeistert. Hier sieht es schon viel frühlingshafter aus als in Nova Scotia und dann noch 15 Grad - Ach, was haben wir uns wieder umsonst Sorgen gemacht. Auch am nächsten Morgen strahlt die Sonne vom Himmel und wir unternehmen einen langen Spaziergang am Meer. Wieder werden wir mit den Schäden des Hurricanes «Fiona» konfrontiert. Wege sowie Aussichtsplattformen sind zerstört und der Spaziergang entpuppt sich zu einem kleinen Adventure-Trail. Wir möchten das gute Wetterfenster nutzen und fahren nordwärts. Fast im Minutentakt können wir auf unserem Thermometer sehen, wie die Temperaturen zurückgehen. Auch ändert sich nun die Landschaft. Wir verlassen das rotleuchtende Tundragebiet und entdecken bei der Fahrt durch das «Codroy Valley» die ersten schneebedeckten Berge. Beim kleinen Fischerdörfchen «Crabbes» finden wir hoch auf einer Klippe einen herrlichen Übernachtungsplatz.

Kurzer Stopp in Corner Brook und dem James Cook Memorial

Unser nächster Stopp gebührt dem «Captain James Cook Memorial» in Corner Brook. Steil hoch führt die Strasse zu diesem Aussichtspunkt, wo viele Schautafeln erklären, wie James Cook beauftragt wurde Neufundland zu kartographieren und mit welcher Präzision dies zu damaliger Zeit (1763 bis 1767) gemacht wurde.

Die Tücken vom Reisen in der Nebensaison

Von Corner Brook aus verlassen wir nun für eine Weile die Westküste und fahren weiter landeinwärts. Nebst den immer kälter werdenden Temperaturen wird auch Schnee immer mal wieder unser Begleiter. Etwas irritierend ist es schon, wenn die Menschen noch mit Schneemobilen unterwegs sind und wir daneben campen. Auch zerrt der eisig kalte Wind langsam aber sicher an unserem Immunsystem und der Husten wird immer schlimmer. Als noch Fieber dazukommt müssen wir uns ein Plätzchen fürs Auskurieren suchen. Etwas ausserhalb von «Come by chance» (was für ein witziger Name) finden wir einen gemütlichen Platz am See. Hier treffen wir auch wieder auf unsere amerikanischen Reisefreunde «Jennifer und Jonathan». Sie teilen uns mit, dass sie endlichen einen Campingplatz gefunden haben, wo sie mal am Strom ihre Batterien aufladen dürfen (obwohl der Platz noch geschlossen ist). Da sie mit einem Wohnwagen unterwegs sind und ihre Heizung nur mit Strom funktioniert, ist es zu dieser Jahreszeit wirklich eine Herausforderung in Neufundland zu reisen. Denn hier gibt es ein paar Fakten/Wissenswertes zum Reisen im April: alle touristischen Einrichtungen wie Camping, Visitor-Centres, Museen, Provincial Parks, Nationalparks, sowie Toilettenhäuschen sind «closed for season». Die Wasserhähne werden abgedreht und für uns bestand die grösste Herausforderung darin, irgendwo Wasser aufzutreiben. Dank der IOverlander App haben wir eine Quelle mit Fassung gefunden, wo wir unseren Tank auffüllen konnten. Was jetzt alles vielleicht nicht so prickelnd tönt, hat für uns aber eigentlich gar keine Nachteile. Da wir sowieso mit unserem Duro autark unterwegs sind, sind wir auf diese Einrichtungen nicht angewiesen. In die Parks sind wir trotzdem gegangen, halt einfach ohne Infomaterial und Eintrittsgebühren mussten wir so auch keine zahlen ;-). Wirklich schade war aber, dass wir das Wikingerdorf «L’Anse aux Meadows» wegen zu nicht anschauen konnten.

Bei den Basstölpeln im Cape St. Marys und Besonderheiten in Neufundland

Ein weiteres schönes Beispiel für Reisen in der Nebensaison war der Besuch von Cape St. Marys. Hier befindet sich eine der weltweit grössten Basstölpel-Kolonie und wir hatten dieses unglaublich faszinierende Tiererlebnis ganz für uns alleine. Stundenlang harrten wir in der Kälte aus und fotografierten diese schönen Vögel bei ihrem Balztanz, welcher gerade zu dieser Jahreszeit zelebriert wird. Übernachtet haben wir dann direkt beim nahegelegenen Leuchtturm. Diese Plätze haben es uns mittlerweile richtig angetan, da die Aussicht jedes Mal einfach phänomenal ist. Und wenn dann nachts das Nebelhorn erklingt, schläft man wie ein Baby. Das ist übrigens ebenfalls eine Besonderheit von Neufundland – schlafen. Ehrlich gesagt, haben wir selten so gut und lange geschlafen wie hier. Irgendwie entschleunigt die Insel ungemein. Die Newfies, wie die Neufundländer auch genannt werden, sind so ruhig und gemütlich unterwegs, das überträgt sich auf einen selber. Und da am Morgen der Himmel meist grau ist und es erst gegen Mittag aufklart, hat man auch keinen Stress früh aufzustehen.

Das Einzige, was hier einen leichten Stress verursachen könnte, sind die immensen Distanzen. Die Insel sieht auf der Karte gar nicht so gross aus. Aber einmal von West nach Ost zu fahren bedeuten fast 1’000km. Und dann hat man noch keinen einzigen Abstecher gemacht. Eine weitere Besonderheit Neufundlands ist, dass man die meisten Abzweiger zu irgendwelchen Sehenswürdigkeiten doppelt fahren muss, da es oft Sackgassen sind. D.h. einmal 400km hin und der gleiche Weg wieder zurück. Zum Glück sind die Dieselpreise in letzter Zeit massiv zurückgegangen, das hilft bei der Kilometerbewältigung.

Auf nach St. Johns, der Hauptstadt von Neufundland

So schnetzeln wir auch wieder viele Kilometer in die Hauptstadt der Insel, nach St. Johns. Wir müssen dringend Gas auffüllen und einkaufen. Ausserdem geniessen wir es sehr mal wieder auswärts essen zu gehen und unter Leute zu kommen. Eigentlich wollten wir übers Wochenende in der Stadt bleiben, aber die stürmischen Wetteraussichten mit Schnee veranlassen uns unserem Homepage Motto getreu zu werden. Zudem ist für uns St. Johns auch der Wendepunkt unserer Reise, denn hier beginnt der Trans Canada Highway bei Kilometer 0 und folgt westwärts. Viele tausende Kilometer werden wir auf diesem Highway fahren bis wir in Westkanada sind. Und jetzt geht es erst richtig los.

Kälte, Eisberge und Packeis auf der Bonavista Halbinsel

Für die Rückreise von Ost nach West, ja auch hier muss man wieder die gleiche Strecke zurückfahren, haben wir uns jedoch ein paar grandiose Abstecher aufgespart. Denn es ist Eisbergsaison und die Riesenkolosse sind bereits in grosser Stückzahl vor Neufundlands Küste anzutreffen. Über die Webseite www.icebergfinder.com kann man prüfen, wo sich die Eisberge gerade befinden. Im Frühjahr, sobald die Temperaturen steigen, schmilzt das Eis in der Arktis/Grönland und die Abbruchstücke (Eisberge) gelangen aufgrund der Strömung nach Labrador und Neufundland. Unseren ersten Eisberg erblicken wir bei Chance Cove, wo sich ebenfalls Einheimische am Anblick erfreuen. Schnell kommen wir ins Gespräch und mich interessiert vor allem, ob das denn normal wäre, dass es hier um diese Jahreszeit so kalt ist. Lächelnd erhalte ich die Antwort, dass wir richtig Glück hätten und Neufundland so erleben, wie es früher war, kalt. Die letzten Jahre wäre es hier viel zu warm gewesen. Nun ja, das war jetzt vielleicht nicht die Antwort, die ich mir erhoffte. Vielleicht fällt einigen beim Anblick der Fotos auf, dass Roger immer nur im mit Schaffell gefütterten Holzfäller samt Kappe zu sehen ist. Wer Roger kennt, weiss, wie kalt es demnach hier sein muss :-). Nun gut, unseren nächsten Abstecher unternehmen wir auf die Bonavista Halbinsel mit dem herzigen Dörfchen «Trinity». Als wir den kleinen Ort erreichen trauen wir unseren Augen nicht, rund um die Bucht drängt sich dickes Packeis. Das sieht so atemberaubend schön aus, wir sind hin und weg. Damit hätten wir jetzt nicht gerechnet. Wir campen direkt am Packeis und können nachts das Knistern des Eis hören, unbeschreiblich. Ein weiteres Highlight dieser Halbinsel wären eigentlich die Papageientaucher gewesen, weshalb wir auch hierhergekommen sind. Bei Elliston, ganz im Norden, wollten wir unser Glück versuchen. Aber es zieht so ein heftiger Sturm auf, dass wir nicht mal mehr die Duro-Türe von innen öffnen können. Die Vernunft siegt und wir müssen uns leider einen windgeschützten Platz weg von der Küste und somit weg von den Papageientauchern suchen.

Eisberg Allee und Twillingate – unser Highlight von Neufundland

Dafür werden wir am nächsten Tag mit traumhaftem Wetter belohnt und darüber freuen wir uns besonders, denn heute steht die Fahrt nach Twillingate auf dem Programm, der selbsternannten Welthauptstadt der Eisberge. Schon alleine die Fahrt hoch und die Übernachtung direkt am Packeis sind dermassen überwältigend schön, dass wir hier einfach nur die Bilder sprechen lassen. Denn irgendwie gehen mir langsam die Worte aus, die das Oberspektakuläre noch steigern könnten.

Wanderspass im Gros Morne National Park

Das Wetterglück ist nun auf unserer Seite und wir nutzen den Schwung und schnüren mal wieder die Wanderschuhe. Vor uns liegt der «Gros Morne Nationalpark», ein Natur-Wanderparadies im Westen der Insel. Obwohl der Park offiziell noch geschlossen ist, sind einige Wanderwege bereits passierbar und einigermassen schneefrei. So auch die Wanderung zu den Tablelands, wo vor Millionen Jahren die amerikanische mit der eurasischen Kontinentalplatte kollidierte und so ein Stück des Erdmantels aus 20km Tiefe emporgepresst wurde. Und über diesen Erdmantel kann man nun laufen. Wir unternehmen im Park noch weitere Wanderungen wie zum Fjord des «West Brook Pond», wo wir unterwegs Karibus zu Gesicht bekommen. Das Wahrzeichen der Insel, die Elche (Moose), sind uns aber leider verwehrt geblieben. Einen jungen Bullen haben wir mal kurz entdeckt, aber das war’s schon. Anhand der vielen Warntafeln auf der Strasse möchte man meinen, so ein «Moose» steht an jeder Ecke, aber leider haben wir nur tote Exemplare gesichtet.

Neufundland - es hat sich mehr als gelohnt!

So verlassen wir Neufundland ohne Elch-Foto, dafür mit unglaublich schönen Erinnerungen und Erlebnissen. Wir sind so froh, dass wir diesen Abstecher gemacht haben und würden jederzeit wiederkommen. Die Insel hat soviel zu Bieten und wir haben noch lange nicht alles gesehen. Auch hat jede Jahreszeit seinen eigenen Reiz. Bei uns waren es vor allem die eisigen Erlebnisse mit dem vielen Packeis, welche uns besonders gut gefallen haben. Dafür waren die Kälte und der eisige Wind unser ständiger Begleiter. In dem Sinne, auf geht’s nach Labrador.

Spektakuläre Fährüberfahrt von Neufundland nach Labrador, eskortiert von einem Eisbrecher

Die Fährüberfahrt von St. Barbe (Neufundland) nach Blanc-Sablon (Labrador) haben wir nicht im Voraus gebucht, da wir zu dieser Jahreszeit nicht gerade mit einem Ansturm an Besuchern gerechnet haben. Aber o weh, dem ist nicht so. Wir können uns die Tickets zwar vor Ort kaufen, sind aber vorerst nur auf Warteliste gebucht. So warten wir brav während zwei Stunden am Hafen und hoffen, dass sie für unseren Duro noch ein Plätzchen finden werden, während sich immer mehr Fahrzeuge im reservierten Wartebereich aufreihen. Als dann die Fähre mit etwas Verspätung eintrifft und der Autoverlad beginnt, rechnen wir nicht mehr damit, dass es Platz für uns gibt. Wir sind wirklich erstaunt, wieviele Fahrzeuge nach Labrador übersetzen. Was wir nicht gesehen haben ist, dass die Pkws in einem tieferen Deck untergebracht sind und für die höheren Fahrzeuge eine separate Laderampe zur Verfügung steht. Yes, we’re «Back in Business» und wir dürfen sogar noch vor den Lkws an vorderste Front reinfahren. Und was uns noch mehr freut ist, dass wir jeweils für unseren Duro den Pkw Tarif bezahlen. Hier wird nach Länge abgerechnet und nicht nach Gewicht und da wir somit in die kürzeste Kategorie fallen, zahlen wir gleichviel wie ein kleiner Chevrolet. Der Fahrer grüsst – die Firma dankt!

Und die Überfahrt fällt mal wieder in die Kategorie, wo mir einfach die Worte fehlen. Ich muss wirklich mal googeln, was die Steigerungsform von spektakulär ist. Wahrscheinlich gibt es die gar nicht. Aber vorweg gesagt, wir beschäftigen uns mal wieder mit Packeis. Der St. Lorenz Strom, welcher Labrador und Neufundland trennt, ist voll mit Packeis. Unsere Fähre schiebt sich zuerst eigenständig ihren Weg durchs Eis und unser Duro wackelt ganz schön, wenn das Schiff die Eisschollen trifft. Trotz der Kälte lassen wir uns das Spektakel nicht entgehen und verharren die ganze Zeit draussen an Deck. Zu aufregend ist die Fahrt. Zuerst sind wir ganz alleine draussen, doch dann schliessen sich uns immer mehr Menschen an und alle sind richtig begeistert von der Fahrt. Irgendwie erinnert uns das Ganze ein bisschen an unsere Expeditionsreise in die Antarktis. Das nächste Highlight lässt dann auch nicht lange auf sich warten und der Eisbrecher (Jean Goodwill) kommt unserer Fähre zu Hilfe. Schön teilt er das Packeis auf, damit unser Schiff eisfrei durch die teils dicke Eisschicht hindurchfahren kann. Während der Überfahrt lernen wir viele weitere Passagiere kennen, unter anderem auch die Person, welche normalerweise auf dem Eisbrecher arbeitet. Er erzählt uns, dass dieser Eisbrecher mühelos durch einen Meter dickes Eis fahren kann. Also ist diese Arbeit hier eigentlich nur ein Klacks für das Schiff. Nach 2.5 Stunden erreichen wir dann den kleinen Hafen Blanc-Sablon in Labrador und wir sind uns einig, das war mit Abstand die beste Fährüberfahrt, die wir jemals hatten.

Letzter Leuchtturm-Übernachtungsplatz

Für den Abend suchen wir uns wieder einen schönen Übernachtungsplatz an einem Leuchtturm, falls möglich mit Blick aufs Packeis. Schliesslich werden wir nun die Küste für lange Zeit verlassen. Beim Leuchtturm mit dem schön klingenden Namen «Point Amour» finden wir den geeigneten Platz.

Die ersten Kilometer auf dem Trans Labrador Highway

Und nun wartet auf uns das nächste Abenteuer, der 1’700km lange Trans Labrador Highway. Dieser Highway gehört zu den einsamsten Strecken von ganz Kanada und auf diese Tour freuen wir uns schon lange. Es gibt nur ganz wenige Ortschaften zwischendurch und deshalb haben Reisende die Möglichkeit, sich kostenlos von den Gemeinden ein Satellitentelefon gegen Kaution auszuleihen, da auch die Netzabdeckung sehr rudimentär ist. Ich vertraue auf Roger und den Duro und denke, das wird schon alles gutgehen. Schliesslich haben wir schon ganz andere Touren gemacht, wo wirklich tagelang kein Mensch vorbeigefahren ist.

So bestimmt auch das Autofahren unseren Tagesablauf. Mit genug Mate-Tee an Bord können wir stundenlang fahren und einfach nur die Landschaft geniessen. Mal ist es Wald, dann wieder Tundra, dann scheint die Sonne und kurz darauf geraten wir in einen heftigen Schneesturm, der uns am Weiterfahren hindert. Aber alles kein Problem. In der grösseren Ortschaft Happy Valley-Goose Bay (eigentlich haben wir nur gestoppt, weil ich den Namen so cool fand) prüfen wir kurz unsere Nachrichten, und als mein Handy klingelt und ich einen Nordlicht-Alarm erhalte, hält uns natürlich nichts mehr auf. Schnell raus aus dem Ort und einen geeigneten Schlafplatz ohne Lichteinstrahlung suchen. Das ist in Kanada mit seinen vielen Wäldern gar nicht so einfach, aber wir finden doch einen einigermassen offenen Platz.

Ein Traum wird wahr – Nordlichter tanzen über Labradors Nachthimmel

Wir stellen den Wecker auf 01.00 Uhr, da die Aktivität um diese Zeit am höchsten sein soll. Aber den Wecker bräuchte ich nicht, ich kriege kein Auge zu. Ich schaue ständig aus den verdreckten Fenstern, als ob man da überhaupt etwas sehen könnte. Um 00.30 Uhr hält mich nichts mehr im Bett und ich gehe nach draussen und kann es nicht fassen. Mein Schrei hört man bestimmt bis in die nächste grössere Stadt. Roooooooger – Nordlichter! Über uns tanz der Himmel in grün und rosa, ich bin am Ausflippen. Da Roger noch die Spiegelreflexkamera bereit machen muss, knipse ich derweilen wie wild mit dem Handy Fotos. Daher sind die Bilder leider auch nicht wirklich scharf. Aber hey, es sind unsere ersten Nordlichter und das Erlebnis unbeschreiblich. Es tut mir wirklich leid, schon wieder diese Worte. Aber es war einfach so toll. Auch die Spiegelreflexkamera ist nun im Fotomodus, aber irgendwie werden auch diese Bilder nicht scharf. Es ist ehrlich gesagt gar nicht so einfach, Fotos von Nordlichtern zu machen. Erst als der Mond aufgeht und es etwas heller wird, klappt es mit den richtigen Einstellungen. Also wenn wir das Glück haben, nochmals Nordlichter sehen zu dürfen, wissen wir nun, wie es richtig geht. Aber schlussendlich zählt das Erlebnis, nicht nur die Fotos. Völlig durchgefroren verkrümeln wir uns zwei Stunden später in den Mogli. Heute wird durchgeheizt und die Wärmeflasche findet auch erstmal ihren Einsatz.

Nordlichter zum Zweiten in Labrador City

Ein paar Tage später und viele Wälder weiter, erreichen wir mit Labrador City den Hauptort vom Trans Labrador Highway. Im Ort sind viele Minen-Firmen ansässig und es wird vor allem Eisenerz sowie Nickel abgebaut. Dementsprechend ist die Stadt jetzt auch nicht gerade ein schöner Platz zum Verweilen. Nichts desto trotz möchten wir hierbleiben, denn auf meinem Handy klingelt schon wieder ein Nordlicht-Alarm. Wir fahren zu der Touristeninformation, welche tatsächlich geöffnet hat und fragen nach einem geeigneten Übernachtungsplatz, ausserhalb der Stadt. Fahrt auf den «Blueberry Hill», meint die freundliche Dame. Das wäre ein guter Spot. Gesagt – getan und der Platz mit einem 360° Rundumblick ist einfach perfekt. Und tatsächlich, am Abend tanzen wieder über unseren Köpfen die Nordlichter. Zwar kommt ein bisschen Nebel auf und es nicht mehr so klar wie am ersten Abend, aber trotzdem wunderschön anzuschauen.

Die letzten Kilometer auf dem Trans Labrador Highway

Nun nehmen wir die letzten 600km nach Baie-Comeau unter die Räder, welche sich dann doch recht in die Länge ziehen. Die Strecke ist ziemlich kurvig und oft sehr steil (teils bis 17% Steigungen/Neigungen), dann wechselt sich Asphalt wieder mit Piste ab. Dafür finden wir immer wieder richtig schöne Übernachtungsplätze und für den letzten Abend gönnen wir uns mal wieder einen Platz direkt am See. Und bei warmen 13 Grad nehmen wir die Mogli-Aussendusche in Betrieb. Es fühlt sich an wie Sommer!

Somit endet nun nach 4 Wochen unser Abenteuer Neufundland und Labrador. Was für ein irrer Reisestart, besser geht es gar nicht mehr. Wir haben soviel in dieser Zeit erlebt, dass es eigentlich für zwei oder drei Reiseberichte reichen würde. Aber die Reise geht weiter und auch im nächsten Reisebericht wird es wieder einiges zum Erzählen geben. Daher bis zum nächsten Mal!