nichtswieweg... vier Abenteurer unterwegs

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Von Mendoza zur Peninsula Valdes
Reisebericht vom 11.11.2005 - 10.12.2005, Argentinien
Highlights: Mendoza, San Carlos de Bariloche, El Bolson, Neuquen, Puerto Madryn, Península Valdés, Punta Tombo

Eigentlich haben wir uns das Ganze schon etwas anders vorgestellt. In Mendoza noch etwas Sonne tanken, dann gemütlich zusammen den Anden entlang bis Bariloche fahren, um dann noch rechtzeitig die Wale auf Peninsula Valdes bestaunen zu können. Doch Südamerika hat mit uns ihre eigenen Pläne.

Wenns mal länger dauert

Mit dem Abschied von Beto war das Kapitel "Mendoza" für uns aber noch lange nicht abgeschlossen. In Cordoba hatten wir ein paar Reisehandbücher bei Amazon.de bestellt, welche von DHL nach Mendoza gebracht werden. Die Versanddauer von 14-21 Tage wird in den nächsten Tagen ablaufen. Ausserdem wollten Anita und ich uns einen ausziehbaren Tisch für den Landy bauen, welchen wir für die kalten und windigen Tage in Patagonien gut gebrauchen können. Täglich erkundigten wir uns bei DHL auf den Verbleib unseres Päcklis. Aber leider bekamen wir ständig die gleiche Auskunft: "Tut uns leid, aber das Paket ist noch nicht eingetroffen. Aber wenn ich Auftragsnummer hätte, könnte ich nachschauen wo sich das Paket momentan befindet." Doch genau diese Nummer haben wir von Amazon nicht erhalten. Zu allem Übel konnte uns Amazon auch nicht weiterhelfen. Alles was wir tun konnten war warten.

Und es ist doch ein Puma

Mit einem Trip nach Aqua del Torro erhofften wir alle Vier uns die Wartezeit zu versüssen. Die erste Nacht campten wir weit abseits der Strasse auf einer Weide in den Bergen. Dank des Allrads kamen wir so hoch hinauf, dass wir fast nach den Sternen greifen konnten. "Hier wird uns sicher niemand vermuten» dachten wir beim schlafen gehen. Am nächsten Tag stand aber prompt ein Gaucho hoch zu Ross vor unserem Zelt und forderte uns auf, doch bitte einen anderen Standplatz zu suchen. Schon ein paar Kilometer weiter unten fanden wir ein neues Nachtlager. Diesmal im breiten Bachbett des Rio de la Carrera zusammen mit genügend Brennholz für eine Feuerstelle. Nach einem üppigen Nachtessen schlugen wir unser Dachzelt auf und stellten uns auf eine friedliche Nacht ein. Früh am Morgen bekamen wir aber Besuch von einem äusserst selten, aber umso gefährlicheren Raubtier Argentiniens, dem Puma. Wahrscheinlich wurde er durch unsere Abfälle angelockt, welche wir in einem Sack hinten an unser Auto gehängt hatten. Bekamen wir jetzt die Quittung für unser nachlässiges Verhalten? Wir trauten uns kaum mehr zu atmen, geschweige nach aussen zu schauen. Das Fauchen, welches wir bislang nur aus dem Fernsehen kannten, war nun genau unter unserem Zelt. Ein weiters Mal waren wir froh, dass wir auf dem Dach unseres Landys und nicht direkt auf dem Boden schliefen. Diese zwei Meter trennten uns vor dem Raubtier. Doch zum Glück verzog sich die Raubkatze wieder in die Büsche, ohne dass es uns richtig wahrnahm. Andrea und Martin hatten ihr Lager gut 20 Meter weiter flussaufwärts aufgeschlagen. Zwar haben sie die Laute auch vernommen und zum Zelt herausgeschaut. Aber leider hatte niemand von uns das Tier wirklich gesehen. Nur die riesigen Pfotenabdrücke, welche wir im sandigen Boden fanden sind Zeugen dieses spektakulären Ereignisses.

Geburtstag und Rettung im Valle Grande

Eine weitere Tour führte uns zu einem Stausee im Valle Grande südlich von San Rafael. Dort, auf einem Camping am Rio Atuel, wollten wir Anita's Geburtstag feiern. Eine Gruppe von Jugendlichen verbrachte ihr Lager ebenfalls auf diesem Camping und spielte Fussball. Plötzlich kamen zwei von ihnen auf uns zu. Mit schmerzverzerrtem Gesicht stützte der jüngere Knabe seinen linken Arm mit der anderen Hand. Der Ältere bat uns, seinem Kollegen doch bitte zu helfen. Er habe sich mit Fussball spielen "schwer" verletzt. Anita weiss sofort was zu tun ist. Mit einem Desinfektionsspray aus unserer Notfallapotheke und ein paar tröstenden Worte ist die Verletzung schnell versorgt. Trotzdem stellten wir uns anschliessend die Frage weshalb sie zu uns, und nicht an die Rezeption gingen. Des Rätsels Lösung fanden wir an der Hecktüre unseres Landys. Erst ein paar Tage zuvor hatten wir in Mendoza ein Schild mit unserem Schweizer Kreuz montiert, welches die Buben nun mit einem Krankenwagen verwechselten. Anitas Geburtstag feierten wir nach CH-Norm mit einer Torte, welche wir genüsslich verschlangen und Geschenke. Plötzlich hörten wir ein Gewinsel im Hintergrund. Wir alle sprangen auf und versuchten herauszufinden woher die Laute kamen. Der Hund des Campingbesitzers ist in den nahen Bach gefallen und wurde von der starken Strömung unter eine Baumwurzel gedrückt. Martin und ich konnten ihn nur mit vereinten Kräften aus von seinem Todeskampf befreien. Kaum zu glauben, aber der Vierbeiner war uns sichtlich unendlich dafür dankbar. Und als Trostpflaster erhielt er sogar ein Stück Kuchen.

Das Team geht erneut getrennte Wege

Wieder in Mendoza angelangt, waren unsere sehnlichst erwarteten Pakete von DHL immer noch nicht geliefert worden. Wir beschlossen nicht mehr länger zu warten und setzten unsere Reise ohne diese Bücher fort. In den folgenden Tagen legten wir eine beträchtliche Strecke bis nach San Martin de los Andes zurück. Dabei wurde uns immer mehr klar, dass die Reise im Viererteam auf die Dauer zu anstrengend sein würde. Andrea und Martin suchten vielmals eher die Herausforderung und das Unentdeckte, während Anita und ich das Gemütlichere vorzogen. Also entschieden wir uns erneut zu trennen. Zwar hatten wir weiterhin den gleichen Weg, jedoch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Ausprägungen. Diese Art des gestaffelten Reisens ermöglichte es uns allen vermehrt individuelle Routen, Orte und Nachtplätze zu finden. Über E-Mail blieben wir ständig in Kontakt und könnten einander bei Bedarf zur Hilfe stehen. Auf diese Weise wollten wir jeweils auch einen Ort abmachen, um einander wieder zu finden. Mit San Martin de Los Andes waren wir nun definitiv in Patagonien und dessen Witterungsbedingungen angekommen. Die sonnig heissen Sommertemperaturen in Mendoza wurden durch kalte und starke Winde oftmals nur wenige Grad über dem Gefrierpunkt abgelöst. Dazu kam noch eine länger dauernde Schlechtwetterfront, welche das campen auch nicht einfacher machte. Nicht nur dem Wetter entsprechend fühlten wir uns wie in der Schweiz. Sondern diese Gegend ist vor allem wegen der Berge, Seen und Vegetation als Schweiz der Anden bekannt. Nicht verwunderlich dass viele ausgewanderte Schweizer hier ihre neue Heimat gefunden haben.

Wir kommen ins Fernsehen!

Trotzdem wollten wir schnellstens weiter, warten auf Peninsula Valdes doch die Wale und Pinguine auf uns. Ausserdem hoffen wir wieder auf ein paar wärmere Sonnenstrahlen auf der Ostseite Argentiniens. In Esquel möchten wir nur kurz übernachten und einwenig Proviant einkaufen. Als wir mit unserem Gaucho im Supermarkt parkierten eilten zwei Typen zu uns. "Die wollen uns ausrauben!» war mein erster Gedanke, so schnell waren die unterwegs. Aber sie stellten sich als "fliegende Reporter" des Regionalen Fernsehens von Chubut vor. Weil sie unseren ausgebauten Landrover gesehen haben erhofften sie sich ein Interview für ihre Sendung "Extremsport und Abenteuer". Anita entgegnete jedoch: "Also mit Sport können wir nicht dienen, und Abenteuer? Naja, ich weiss nicht…!" Trotzdem bestanden sie auf ein Interview. "Aber zuerst möchten wir im Supermarkt einkaufen gehen.» meinte ich in der Hoffnung, dass sie bei unserer Rückkehr wieder gegangen sind. Doch als wir vom Einkauf auf dem Parkplatz schlenderten, trauten wir unseren Augen kaum. Da stand ein ganzes Filmteam vor unserem Gaucho: Kameramann, Regisseur und der Reporter samt Mikrofon. Ohne uns gross vorbereiten zu können ging's schon los. Zuerst wurde unser Landrover in jedem Winkel gefilmt, dann waren wir an der Reihe. Mit Fragen über uns und unsere Reise wurden wir regelrecht gelöchert. Selbstverständlich alles in Spanisch, denn Englisch konnte der Reporter noch weniger wie wir spanisch sprechen.

Wiedersehen bei Peninsula Valdes

Von Esquel fuhren wir dann in einem Tag die fast 700km lange Strecke nach Puerto Madryn an der Ostküste, dem Tor zu Peninsula Valdes. Geschafft von der langen Fahrt suchten wir uns einen einsamen Strand in der Hoffnung dort auch Andrea und Martin zu treffen. Nur Minuten vor dem Eindunkeln fanden wir die Beiden zusammen mit zwei weiteren Schweizer Pärchen, welche ihre Zelte an der Atlantikküste aufgeschlagen hatten. Was für ein Wiedersehen! Wir hatten einander so viel zu erzählen. Dann lernten wir auch die anderen Schweizer auf dem Platz kennen. Es wurde so ein schöner Abend, dass unsere Müdigkeit wie weggeblasen war. Dani und seine Frau Andrea hatten ebenfalls einen Landrover. Schon vor unserer Ankunft hatte er sich mit Jorge, einem Landroverfanatiker aus Puerto Madryn getroffen. Als Dani ihm dann mitteilte, dass in der Zwischenzeit noch mehr Landys auf am Strand sind, konnte Jorge seiner Freude kaum mehr zügeln. Spontan organisierte er eine Parilla (arg. Grillfest) auf unserem Platz. Er kam mit seiner ganzen Familie und natürlich seinem Landy, welcher mehr Lichter hatte, als alle unsere drei Landrover zusammen. Jeden Zusatzscheinwerfer konnte Jorge mittels Taster einzeln betätigen. Obwohl es für alle ein grossartiger Tag war, vermissten wir die Wale. Schon seit über zwei Wochen wurden in dieser Gegend keine Wale mehr gesichtet. Nichts desto trotz blieben wir noch ein paar Tage, um unseren Gaucho auf die nun folgende Kälte vorzubereiten. Es geht ans Ende der Welt, nach Feuerland.