Highlights: São João del Rei, Tiradentes, Ouro Preto, Parque Nacional de Caparaó, Bahia, Salvador da Bahia, Praia do Forte
Auf dem Weg nach Salvador da Bahia, unserem nördlichsten Ziel Brasiliens besuchen wir einige der schönsten Kolonialstätten des Landes. Aber auch die Tierwelt erblicken wir in einer uns bisher unbekannten Weise. Tiere die wir nur aus dem Zoo kennen, begegnen uns hier in freier Natur. Mit der Ankunft in Salvador erfüllen wir uns zwei weitere Träume.
Die kulturelle Seite Brasiliens, mitunter der „Maria Fumaça“
Minas Gerais, die Provinz wo stark vom Gold – und Diamantenfieber geprägt ist, wo sich das Kronjuwel barocker Architektur befindet und wo die Erde so rot wie im australischen Outback leuchtet, da möchten wir hin. Im grossen Bogen umfahren wir Rio de Janeiro und steuern geradewegs ins Landesinnere. Die Landschaft wird zunehmend hügeliger, die Luft trocken und staubig. Nach ein paar hundert Kilometer erreichen wir São João del Rei. Auf einem herzigen Campingplatz, eher ein kleines Dschungelcamp, nisten wir uns ein. Attraktion dieses kleinen Städtchens ist eine Fahrt mit der legendären „Maria Fumaça“ (rauchenden Maria), einer alten, jedoch wieder restaurierten Dampflokomotive aus dem späten 18. Jahrhundert.
Es ist Sonntag-Morgen, zu Fuss machen wir uns auf den 2km langen Weg zum alten Bahnhof. Wir sind nicht die Einzigen welche diese Idee hatten. Eine riesige Schlange bildet sich um den Ticketschalter. Immer wieder wird gedrängelt, alle wollen sich einen Platz in einem dieser Waggons ergattern. Wir haben Glück und erhaschen uns zwei Tickets. Kaum betreten wir das Areal kommen wir uns wie in einem alten Film vor. Frauen in ihren langen Röcken und ihren üppigen Hüten laufen umher, Männer in Frack und Zylinder runden das Bild ab. Natürlich ist das alles für die Touristen, aber für diesen speziellen Moment stimmt es. Schon kurze Zeit später hören wir das Schrillen der „rauchenden Maria“, eine schwarze Wolke umhüllt noch für einen Augenblick die Dampflokomotive. Dann fährt sie langsam in den Bahnhof ein und alle Leute stehen richtig andächtig vor diesem alten Gefährt. Sie glänzt wie frisch poliert und wir können es kaum mehr erwarten, in eines dieser Waggons einzusteigen. Die 12km lange Strecke führt von São João del Rei nach Tiradentes. Ein paar Minuten später röhrt der Zug wieder, die Dampflokomotive setzt sich langsam in Bewegung, uns friert es richtig bei diesem Ton. Wir fahren an kleinen Dörfern vorbei, Menschen blicken imposant dem Fahrgespann nach, auch solche welche gleich am Bahnhof wohnen. Diese Lokomotive hat wirklich etwas Magisches an sich. Nach etwa 50 Minuten erreichen wir Tiradentes.
Dieses kleine Dorf gilt als barockes Schmuckstück. Kleine kopfsteinbesetzte Gassen, schöne Bauten und die angenehme Atmosphäre lassen Tiradentes auch für uns zu einem Höhepunkt unserer Reise werden. Ein weiteres Highlight ist die „Igreja Matriz de Santo Antônio“, welche zu den schönsten Kirchen Brasiliens gehört; von denen es bekanntlich ja hier nicht mangelt. Das Innere der Kirche ist vollkommen vergoldet und wenn man genau auf den Holzboden schaut, sieht man dass man eigentlich direkt auf dem Friedhof steht, erkennbar an den nummerierten Schächten. Nach drei Stunden Aufenthalt in Tiradentes fahren wir dann mit der Dampflok wieder zu unserem Ausgangspunkt zurück.
Berühmteste Stadt Minas, Ouro Preto (Schwarzes Gold)
Wir befinden uns immer noch auf unserem kulturellen Trip und fahren deshalb weiter nach Ouro Preto. Aber zuvor möchten wir noch einen Abstecher in Congonhas do Campo machen, wo die „Basílica do Senhor Bom Jesus de Matosinhos“ steht. Speziell bei dieser Basílica ist ausnahmsweise nicht das Innere, sondern die davor stehenden Steinskulpturen, den 12 Apostel. Der Ort selber ist, wenn man es so sagen darf, hässlich und man ist froh wenn man dieses Staubloch auf dem schnellsten Weg wieder verlassen kann.Aber jetzt geht es wie schon erwähnt nach Ouro Preto. Dies ist für uns eigentlich das Hauptziel in Minas Gerais, da die Barockstadt als schönste von ganz Brasilien gilt. Wir fahren über eine kleine Piste, wo die rote Erde bei der Dämmerung plötzlich wie Feuer leuchtet. Kurz vor dem Eindunkeln finden wir dann unseren Übernachtungsplatz, etwas ausserhalb der Stadt.
Am nächsten Morgen starten wir unsere Besichtigungstour zu Fuss. Wir sind froh, das Auto an einem sicheren Ort zu wissen und die Stadt so sorgenfrei erkunden zu können. Der 3km lange Fussmarsch erweist sich um einiges anstrengender als zuvor angenommen, da die Sonne wieder einmal mehr aus voller Kraft auf uns herunterbrennt. Im Stadtzentrum finden wir ein Internetcafé im Obergeschoss, von wo man einen tollen Blick über die Barock-Terrassenhäuser erhält. Uns haben zwar die vorher gesehenen Dörfer einiges besser gefallen da sie noch nicht so „vertouristiert“ worden sind, dennoch lohnte sich für uns der Besuch der meistgekrönten Stadt auf jeden Fall.
Auf dem Weg zum dritthöchsten Gipfel Brasiliens, dem Pico da Bandeira
Nachdem wir in den letzten Tagen vor allem Dörfer, Stätte und Kirchen besichtigt haben, zieht es uns wieder in die Natur. Vor allem möchten wir auch wieder einmal wandern, was in letzter Zeit etwas zu kurz gekommen ist. Wir fahren in den „Parque Nacional de Caparaó“. In diesem Park befindet sich der dritthöchste Berg von Brasilien, der „Pico da Bandeira“ (2890m), auf welchen wir klettern möchten. Schon wieder kurz vor dem Eindunkeln erreichen wir den Parkeingang. Der freundliche Parkwächter gibt uns Kartenmaterial mit und redet eindringlich auf uns ein: „So schön die Aussicht auch ist, fahrt so schnell ihr könnt da hoch! Beim Basislager (auf 2000m) könnt ihr übernachten, da gibt es ein Camping.“ Denn bei Dunkelheit wäre die Strasse gefährlich, meinte er weiter.
Wir machen uns zügig auf den Weg, die Sandstrasse führt steil den Berg hoch. Die Aussicht ist spektakulär, wir können uns fast nicht beherrschen nicht anzuhalten. Aber als die Temperaturanzeige des Landys schon fast in den roten Bereich übergeht sind wir gezwungen, dies trotzdem zu tun. Schliesslich möchten wir nicht dass der Motor überhitzt. Ok, dann soll es eben nicht sein. Wir geniessen den traumhaften Ausblick über die hügelige Landschaft und warten bis der Landy wieder abgekühlt ist. Mittlerweile ist es schon dunkel. Vorsichtig schlängeln wir die Strasse hinauf und beten, dass doch endlich das Lager auftauchen soll. Aber da wir nur so langsam fahren können dauert es noch eine ganze Weile bis wir endlich ankommen. Am Ziel angelangt und auf der Suche nach dem Camping müssen wir feststellen, dass dies ein Platz für mobile Zelte ist und nicht unbedingt für unseren Landy mit Dachzelt gedacht ist. Aber es gibt noch einen Parkplatz, dort können wir bleiben.
Wir stellen mal wieder den Wecker sodass wir ja frühzeitig aufbrechen können. Am Morgen sehen wir hinunter ins Tal, alles liegt unter einer dicken Nebeldecke. Bei uns oben strahlt die Sonne und nicht eine einzige Wolke ist ersichtlich. Wir machen Kaffee und packen unsere Sachen für die Wanderung zusammen. Als wir so am Frühstück sitzen und hinunterschauen, müssen wir uns wieder kneifen und uns sagen, was wir doch für ein Glück haben, dass wir diese tolle Reise machen können und so einzigartige Momente wie diese erleben dürfen. Könnte man doch nur ewig so weitermachen…. Aber rasch werden wir aus unseren Träumen gerissen, als ein paar kleine Nasenbären versuchen in unseren Landy hereinzuklettern. Fassungslos schauen wir diesem Treiben zu. Solche Tiere haben wir, wenn überhaupt, nur im Zoo gesehen und hier spazieren sie einfach so neben uns vorbei. Nachdem wir sie in allen Lebenslagen fotografiert haben, schaffen wir es endlich uns wieder unserer Wanderung zu widmen.
Ähnlich dem Weg wo wir am Vortag hinaufgefahren sind geht es in etwa weiter, aufwärts und immer nur aufwärts, auch wir sind bald am Kochen. Viele machen die Wanderung in zwei Tagen und übernachten beim anderen Lager. Da wir keine Ausrüstung dabei haben, bleibt uns nichts anderes übrig als soweit zu Wandern wie wir mögen. Wir kommen besser voran als gedacht und der Reiz den Gipfel zu erklimmen wird immer grösser. Er ist so greifbar nah und wahrscheinlich hätten wir noch etwa 40 Minuten gebraucht bis wir oben gewesen wären. Aber die Vernunft siegt, wir kehren um. Da wir vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück sein wollten entschlossen wir uns zur Rückkehr. Wieder beim Auto geniessen wir erneut einen traumhaften Sonnenuntergang über den Bergen. Im Landesinneren ist es drückend heiss und wir schmachten nur so dahin, deshalb wollen wir wieder ans Meer wo es zwar auch heiss ist, es sich aber durch den Wind besser aushalten lässt. Wir haben uns Praia da Putiry herausgeschrieben, eigentlich nichts Spezielles, es gibt nicht mal etwas anzuschauen, einfach nur einen schönen Strand.
Ein überraschendes Treffen und Gaucho wird schon wieder umworben
Ich darf es zwar nicht schon wieder schreiben aber wir kommen erneut im Dunkeln an. Die Distanzen in Brasilien sind so riesig und bis man einen Schlafplatz gefunden hat ist man teilweise stundenlang am Suchen. Aber hier soll es einen Platz zum Campen geben, dann ist es einfacher. Als wir uns an der Rezeption angemeldet haben teilt uns der Besitzer mit, dass noch zwei Deutsche Pärchen auf dem Platz wären. Wir schauen uns erstaunt an, das ist schon ziemlich lange her als wir die letzten Touristen mit Fahrzeug gesehen haben. Das ist ja mal eine willkommene Abwechslung. Gerade sind wir dabei uns einen Platz zu suchen als zwei vertraute Gesichter an uns vorbeispazieren. Unmöglich, das sind Claudia und Tilman, sie haben wir vor acht Monaten in Südargentinien kennen gelernt. Wie klein die Welt doch ist. Natürlich gab es ein freudiges Hallo und wir hatten uns ziemlich viel zu erzählen. Neben Claudia und Tilman waren da auch noch Jochen und Walli aus Deutschland. Es tat mal wieder richtig gut mit jemandem Deutsch zu sprechen. Der Platz selber war auch eine kleine Oase und bei so toller Gesellschaft lässt es sich locker etwas länger aushalten.
Gemütlich sitzen wir am nächsten Morgen beim Frühstück als ich etwas in den Bäumen bewegen sah. Ich reibe nochmals die Augen und schaue genauer hin, da werden doch wohl keine … ROOOGER, schnell schau, da sind Affen! Tatsächlich turnen über unseren Köpfen kleine putzige Klammeräffchen herum und schauen neugierig auf uns herab. Fantastisch, einfach nur fantastisch. Solche Erlebnisse sind immer am Schönsten wenn man nicht damit rechnet. Die kleinen Tiere wurden immer frecher und schon bald machte sich der erste am Landy zu schaffen. Armer Gaucho, zuerst Nasenbären, jetzt Affen. Die Tiere finden es lustig und schon kommen die Nächsten. Das sah so komisch aus, zuerst sitzen vier von ihnen auf der Stossstange und schnappen sich die Fliegen aus dem Kühlergrill, so als ob sie Chips am futtern wären. Zwei Weitere schauen zwischen unseren vier Scheinwerfern hervor, einer sitzt auf der Dachkiste und der Letzte sucht sich einen Eingang ins Zelt. Wir machen uns fast in die Hosen vor Lachen. Mit Monkey-Watching vergeht die Zeit wie im Flug und man kann sich an diesen herzigen Tieren einfach nicht satt sehen.
Aber, irgendwann widmen wir uns doch wieder anderen Sachen zu und beginnen, Geburtstagskarten für meinen Vater zu kreieren. Nur 5 Minuten später schaut eine brasilianische Familie bei uns vorbei und lädt uns zum Barbecue ein. Wir kannten sie überhaupt nicht aber an eine Ablehnung war natürlich nicht zu denken. Die anderen zwei deutschen Pärchen wurden ebenfalls eingeladen. So sitzen wir wieder unerwartet mit ein paar Einheimischen zusammen und unterhalten uns eben so gut es geht. Der Vater mixt ständig Caipirinhas (und was für Gute), eine Freundin der Familie füllt uns mit fantastischen Vodka-Maracuja Drinks ab. Zum Glück müssen wir nicht weit zum Fahrzeug laufen. Neben den feinen Cocktails gab’s natürlich auch jede Menge gesunde Sachen für den Magen. Wieder einmal mehr sind wir perplex über die Gastfreundschaft der Brasilianer und wissen uns gar nicht wie bedanken.Nach drei Tagen müssen wir aber dann doch weiter, da wir noch Jemanden ganz bestimmten in Salvador da Bahia treffen möchten. Wir verabschieden uns von Tilman und Claudia und zwinkern einander jedoch zu, euch treffen wir bestimmt wieder.
Bahia, die Provinz woher die Träume stammen, aber auch die Armut am Grössten ist
Heute gibt es erneut einen Provinzwechsel, wir verlassen Espirito Santo und wechseln in den Bundesstaat Bahia. Bahia gehört zu den ärmsten Provinzen Brasiliens, was sich bereits bei den Schildern bemerkbar macht. Verabschiedet uns Espirito Santo mit Traumstrassen und einem Hochglanzbild „Volte sempre“, empfängt uns Ba..a mit einer kaum lesbaren vergilbten Tafel. Gleich beim Provinzenwechsel liegt dann ein kleiner Graben in der Strassenmitte und die Nationalstrasse (BR 101), vorhin super Asphalt, besteht nun vorwiegend aus Löchern mit etwas Teer ringsherum.
Nun möchten wir weiter nördlich Richtung Caravelas fahren. Wir markieren unsere Route zu diesem Ort auf der Karte und dabei stossen wir auf ein Dorf namens „Helvecia“. Dies liegt abseits der Hauptstrecke, führt aber auch zu unserem gewünschten Ort. Roger meint, als echte Schweizer müssen wir dort vorbei fahren. Gesagt, getan. Wir verlassen die Hauptstrasse und biegen auf eine Erdstrasse ein. Diese ist jedoch so schlecht, dass wir nach 10km überlegen wieder umzukehren. Aber wir möchten doch bei Helvecia vorbei. Wir sind ganz alleine auf der Strecke, Häuser gibt es praktisch nirgends. Die Schlaglöcher häufen sich immer mehr und sind so gross, dass man darin locker sitzen könnte. Wäre nicht ein heftiger Regen aufgetreten, hätte Roger es sicher ausprobiert. Die Umgebung wird immer mehr von dichterem Dschungel heimgesucht, die Piste immer enger. Durch die starken Regenfälle bilden sich kleine Flüsse und Seen. Die Sicht wird gleich null. Nach etwa einer Stunde löst sich dann das Unwetter auf und wir „schwimmen“ durch den Regenwald. Bei kleinen Rodflächen im Wald entdecken wir Köhler-Öfen. In diesen Lehmofen wird die uns bekannte Holzkohle hergestellt. Auf einmal kommen hinter diesen Ofen ganze Familien hervor und schauen uns mit einem komischen Blick an, als ob wir die ersten Menschen wären welche hier je vorbeifuhren. Wir kämpfen uns weiter durch bis wir dann etwa 2 Stunden später und auch ganze 30km weiter ein kleines Schild mit dem gesuchten Ort finden. Von Helvecia ist nicht mehr viel bzw. gar nichts mehr zu sehen.
Wir entschliessen uns nun relativ zügig hinauf zu unserem nördlichsten Punkt in Brasilien zu fahren. Einen kurzen Stopp legen wir jedoch noch in dem hier sehr bekannten und ziemlich touristischen Porto Seguro ein. Auf dem Weg nach Salvador da Bahia übernachteten wir wieder einmal auf einem Posto (Tankstelle). Nachdem wir endlich mal einen gefunden haben welcher auch 24 Stunden geöffnet hat richten wir uns ein. Wir beide sind todmüde und möchten früh schlafen gehen. So um 21.00 Uhr fährt dann ein PKW herbei und parkt direkt neben uns. Er weiss nichts Besseres zu tun als seinen Kofferraum (nur mit Boxen ausgekleidet) zu öffnen, natürlich genau in unsere Richtung, und seine Musik so laut aufzudrehen was seine Anlage hergibt. Wir wurden fast wahnsinnig und konnten unser eigenes Wort nicht mehr verstehen. Unseren wohlverdienten Schlaf konnten wir natürlich vergessen. Wir hofften dass ein Blitz in sein Auto einschlagen und sein ganzes Zeug in die Luft sprengen würde. Unser Anliegen wurde leider nicht erhört und wir beschlossen das Feld zu räumen. Um 23.00 Uhr packten wir unsere Sachen zusammen und fuhren davon. Wir wussten nicht was Schlimmer wäre, jetzt noch ein Stück zu fahren oder morgen ohne eine Stunde Schlaf aufzubrechen. Das Erstere klang für uns Sympathischer. Etwa 50km weiter fanden wir dann eine andere Tankstelle, wo wir gut übernachten konnten.
Ein weiterer Meilenstein unserer Reise, Salvador da Bahia
Nun haben wir es also geschafft, wir sind in Salvador da Bahia angekommen, dem Ort, wo wir fast genau ein Jahr zuvor mit dem Schiff angelegt haben. Etwa 25km ausserhalb gibt es den Camping Ecologico wo wir zuerst anpeilten. Wir wollten die Stadt genau unter die Lupe nehmen, dabei das Auto auf dem Camping abstellen und mit dem Bus hineinfahren. Zudem war dies auch der Ort, wo wir uns wieder mit unserem zweiten Team Pajarito (Martin und Andrea) treffen wollten. Nach dem „Tschüss und bis gleich“ vor 5 Monaten in Mendoza konnten wir das Treffen kaum mehr abwarten.
Der Landy war versorgt und wir sattelten uns um für die nächsten paar Tage als Backpacker zu reisen. Mit einem etwas flauen Gefühl im Magen steigen wir in den Bus nach Salvador, die Stadt wo die Negativschlagzeilen die positiven bei Weitem übertreffen. Gesund und munter und ohne Waffe am Kopf treffen wir im Stadtzentrum ein. Als Erstes müssen wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Hotel begeben. Wir haben bereits eines herausgesucht, mitten im historischen Zentrum „Pelourinho“. Für das es ein ***Hotel sein soll sieht es schon etwas heruntergekommen aus, aber die fantastische Aussicht von der Terrasse aus dem 7. Stock tröstet über die bröckelnde Fassade hinweg. Gleich am Nachmittag starten wir unseren Rundgang. Wir besichtigen die restaurierten, farbigen Häuser, schauen uns unzählige Kirchen an, schlendern durch die engen Gassen und geniessen einen Kaffee in den herzigen Restaurants. Salvador hat wirklich Flair und die Stadt zeigt sich uns so wie wir sie uns vorgestellt haben. Attraktion sind zudem die Baianas, Frauen mit weiten Spitzenröcken und einem gebundenen Tuch um den Kopf. Natürlich ist vieles für den Tourismus, aber wenn man sich etwas abseits dieses Stroms bewegt kann man die Baianas ebenfalls sehen, in natürlicher Umgebung. Wir sind wirklich begeistert von dieser Stadt, kommt sie doch einem vor als wäre dies ein eigenes Land in Brasilien. Die Bevölkerung ist hauptsächlich dunkelhäutig und vieles stammt noch von der afrikanischen Kultur ab. Leider haben wir nicht ein einziges Foto von dieser Stadt, da wir die Kamera aus Sicherheitsgründen zurückgelassen haben. Aber solange die Erinnerungen im Kopf sind, kommt man auch ohne Bilder aus.
Ein lang ersehntes Wiedersehen und Glück im Unglück
Früh stehen wir auf damit wir schon bereit sind wenn Martin und Andrea eintreffen. Ich warte auf der Terrasse und schaue runter, ob ich sie irgendwo erspähen kann. Ein paar Minuten später folgt dann etwas Unbeschreibliches. Ein heftiger Knall ertönt - die Decke der Dachterrasse bricht in sich zusammen und fällt neben mir runter. Einer der fallenden Holzbalken trifft mich am Kopf, dann folgen noch kleine Steinchen und viel Schutt. Ich stehe vor lauter Schreck bewegungsunfähig da. Roger war kurz vor dem Einsturz auch zu mir gekommen, er erhält ebenfalls geschockt seine Tasse bewegungslos in den Händen. Mein unendliches Glück wird mir erst Minuten später klar als ich den grossen Schaden anschaue. Hätte ich nur ein paar Zentimeter weiter links gestanden, wäre Salvador wahrscheinlich meine letzte Stätte geworden. Immer noch in einem Schockzustand gehen wir hinein in die Empfangshalle, wo dann zum gleichen Zeitpunkt Team Pajarito eintrifft. Ich realisiere noch gar nicht richtig dass sie jetzt wirklich da sind, ich fühlte mich immer noch in einem Dämmerzustand. Aber die Wiedersehensfreude war so gross dass das eben passierte schnell verdrängt wurde. Ausser einer Gehirnerschütterung und vielen Beulen am Kopf dachte ich, dass ich den Crash gut überstanden hatte.
5 Monate ist eine lange Zeit und jeder kann sich wahrscheinlich vorstellen, was es da alles zu erzählen gab. Wir tratschten bis in die frühen Morgenstunden, schauten uns zusammen Salvador an, besuchten das Restaurant wo wir vor fast einem Jahr zusammen ein Bierchen (auf unseren Reisestart) getrunken haben und erfreuten uns einfach an unserem Wiedersehen. Salvador zu Viert erleben war schon etwas Anderes, so unternahmen wir auch nachts Erkundungen was man eigentlich besser bleiben lassen sollte, schauten den Capoeira (Kampftechnik afrikanischer Sklaven) Tänzern zu und liefen zufällig einem Drummer-Auftritt (ähnlich wie Tambouren) vorbei. Das friert jedermann, wenn man diesen einzigartigen Rhythmen zuhört. Aber nach 5 Tagen kennt man dann auch diese Stadt und wir machten uns auf den Weg zum Camping, Martin und Andrea waren natürlich mit von der Partie. Sie schliefen im Auto und wir im Dachzelt. So klein wie man denkt ist der Landy gar nicht. Da wir uns mitten in der Regenzeit befinden (nur in diesem Bundesstaat), gab es kaum einen Tag wo es nicht regnete. Also funktionierten wir unser Bodenzelt um und konstruierten eine Markise. Super, so hatten wir einen grossen Platz und blieben vor dem herunterprasselten Nass verschont. Na ja, auch diese Tage vergingen wie im Fluge und nach einer Woche hiess es schon wieder Abschied nehmen, diesmal wirklich bis zu unserem nächsten Wiedersehen zu Hause. Wir begleiten die zwei noch zum Bus und winken ihnen zu, bis dann irgendwann daheim….. Roger und ich legen hier eine kurze Zwangspause ein und warten auf ein Päckchen von zu Hause, was sich als länger herausstellt als zuvor geplant.
Schon wieder erfüllen wir uns einen Traum, wie viele haben wir eigentlich denn noch?
Um die Wartezeit zu verkürzen fahren wir noch etwas weiter nördlich nach Praia do Forte, wo wir das „Tamar Projekt“ zur Rettung der Meeresschildkröten besuchen möchten. Dies stand auch gross auf unserer Liste und jetzt haben wir genügend Zeit, dies zu tun. Wir fahren der schön klingenden Strasse „Estrada do Coco“ entlang, wo nebst der übergrossen Infotafeln der Meeresschildkröten auch riesige Plakate mit Buckelwale uns entgegenstrahlen. In mir breitet sich ein kleiner Adrenalinschub aus. Aber schon bald komme ich wieder zurück in die Realität, hier im Norden gibt es keine Wale mehr, ich habe mich doch schon erkundigt. Also lassen wir das Thema und freuen uns auf die Schildkröten. Dann erreichen wir Praia do Forte, eine lebensgrosse Schildkröte ziert den Dorfeingang. Aber was sehen denn da meine Adleraugen? Wir parken gleich neben dem Forschungsinstitut für Buckelwale. Ich traue meinen Augen nicht, jetzt hält mich nichts mehr auf. Während Roger im Auto wartet, eile ich ins Informationsbüro. Kurz darauf komme ich freudestrahlend heraus und strecke Roger zwei Karten in die Hand. Morgen machen wir beide unsere Traumfahrt. Mit einem Segelboot werden wir ins offene Meer hinaussegeln und hoffentlich die grössten Säugetiere der Welt antreffen. Dies ist, so glaube ich, der Tag auf den wir beide uns am Meisten gefreut haben. Ein Traum soll in Erfüllung gehen. Haben wir die Wale doch immer verpasst und gesucht, werden wir sie hier finden.
Praia do Forte ist ein teures Pflaster und deshalb beschliessen wir, hier machen wir einen Tag Ferien vom Reisen. Da es keinen Platz zum frei Campen gibt, leisten wir uns diesmal ein schönes Hotel, besuchen das Reservat der Meeresschildkröten und gehen abends fein mexikanisch Essen. Ehrlich gesagt, wir hauen auf den Putz.Vor lauter Aufregung konnte ich während der Nacht fast kein Auge zutun. Früh am Morgen stehe ich bereit und kann es kaum mehr abwarten bis es losgeht. Als Erstes besuchen wir das Wal-Forschungsinstitut welches erst vor einem Jahr eröffnet wurde. Deshalb steht davon auch nichts in einem Reiseführer. Ferner werden dann Informationen und Instruktionen erteilt. Gemäss Gesetzt darf man sich den Walen nur bis 100m nähern, ausser sie schwimmen einem entgegen, das wird natürlich eingehalten. Zusätzlich werden Seekrankheitstabletten verteilt. Gemäss Statistik wird 10% der Passagiere auf jeder Fahrt seekrank. Wir verzichten darauf, 5 Wochen auf dem Frachter gingen auch ohne Probleme vorbei. Dann geht’s endlich los, wir haben ziemlich starken Seegang und schon nach 10 Minuten hängen ein grosser Teil der Passagiere an der Reling und übergeben sich.
Schon zwei Stunden schippern wir und sahen bereits drei Wale, aber sie tauchten nur für ein paar Sekunden auf und waren dann gleich wieder weg. Mittlerweile ist schon mehr als die Hälfte der Passagiere nicht mehr ansprechbar und die Crew war voll beschäftigt mit dem Einsammeln der Kotztüten. Da es den Meisten wirklich elend ging beschloss der Kapitän zurück zu fahren. Roger und mir stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, aber wir konnten es schon verstehen. Auf dem Rückweg sahen wir dann von weitem eine Walgruppe die wie wild aus dem Wasser jumpte. Der Segler nahm Kurs auf diese aktiven Tiere und 100m vorher liessen wir uns nur noch auf dem Wasser treiben. Was dann folgte war ein Erlebnis der Superlative. Es waren 5 Wale und einer nach dem anderen sprang mit vollem Körper aus dem Wasser, eine Sensation, denn das kommt nur selten vor. Wir schrieen leise auf und konnten unser Glück kaum fassen. Die Kamera knipste im Sekundentakt. Dann wurden die Tiere neugierig und schwammen auf uns zu. Ein 40ig-Tönner liess sich wieder vor uns fallen und durch den Aufprall kam das Wasser zu uns herein. Länger als eine halbe Stunde darf man bei den Tieren nicht verweilen. Ausserdem wurde es wirklich Zeit für die Rückkehr ans Festland – schon allein der seekranken Passagiere zu liebe. Während wir zurück schipperten sahen wir einen Wal nach dem Anderen. Der Führer hatte wirklich Recht: „Diesen heutigen Tag werdet ihr euer Leben lang nicht mehr vergessen!“ – Wie wahr, das werden wir sicher nicht.
Voller Glücksgefühle fahren wir wieder zurück zum Camping Ecologico. Am nächsten Tag dann hören wir ein Hupen und ein Rufen: Hallo Schwyzer, wir sind auch da. Tilman und Claudia, wir wussten doch dass wir einander wieder sehen würden. Wir bleiben ein paar Tage oder mittlerweile nun schon über eine Woche zusammen, nebenbei bekommen wir jeden Tag Besuch von einer kleinen Horde Affen, Leguane, Katzen und Riesenkröten. Unser nördlichstes Ziel in Brasilien ist nun erreicht, was nun folgt ist die 3000km lange Landesdurchquerung nach Bolivien. Aber auch auf dieser Strecke warten auf uns jede Menge Highlights wie zum Beispiel die Hauptstadt Brasília, der Pantanal und vieles mehr….Also, schaut doch wieder in den nächsten Wochen vorbei.