Highlights: Porto Velho, Amazonas, Manaus, Belem, Fortaleza, Cumbuco, Recife, Gaibu, Porto de Galinhas, Brasilia
Martin schreibt:
In Porto Velho, der Urwaldstadt am Rio Madeira gelegen, lassen wir uns in einem gemütlichen Hotel nieder. Die nächsten Tage möchten wir für unsere Vorbereitungen nutzen. Wir planen nämlich, die Transamazonica (die längste Durchgangsstrasse der Welt) Ende der Regenzeit zu passieren. Die Strecke ist bei nassen Bedingungen sehr anspruchsvoll und nur eine Handvoll Fahrzeuge schaffen die Durchquerung bis nach Santarem, der nächst grösseren Ortschaft. Für mich war die Transamazonica schon von Anfang an eines der grössten Reiseziele: einmal mit unserem Land Rover so richtig über schlammige Urwaldpisten zu donnern.
Bevor wir uns auf den Weg machen, müssen wir uns aber noch um ein technisches Problem kümmern. Seit einigen Kilometern leuchtet am Armaturenbrett unseres Pajaritos die Ölanzeige auf. Wir sind besorgt und wollen der Ursache so schnell wie möglich auf den Grund gehen. Wir vermuten einen elektrischen Wackelkontakt, da der Motor sich eigentlich normal anhört und auch genügend Öl drin ist. Also machen wir uns auf, einen Autoelektriker zu finden. Nur kurze Zeit später werden wir auch fündig und lernen den sympathischen Elektriker Marcelo kennen. Der zweifelt aber an unseren Vermutungen und macht sich schnurstracks ans Werk und baut in kürzester Zeit die ganze Ölpumpe aus. Uns ist nicht wohl bei der Sache, denn eigentlich können wir uns nicht vorstellen, dass mit der Pumpe was nicht in Ordnung ist. Es kommt, was kommen musste: Ein rüppelhafter Mechaniker gesellt sich dazu und würgt die Ölpumpe nach der Inspektion mit Hammer und Meissel wieder in den Motorblock. Das kann nicht gut gehen, denken wir uns, doch irgendwie machen alle einen sehr selbstsicheren Eindruck und wir sind zwangsoptimistisch. Nach der Montage starten wir den Motor, um zu sehen, ob noch alles läuft. Nach dem Drehen des Zündschlüssels wird uns doch ganz Bange: Ein metallisches Knacken macht sich bemerkbar und wir fürchten das Schlimmste. Nach der Demontage der gesamtem Front zeigt sich das Grauen von seiner ganzen Seite. Drei Zahnräder und die Kette der Kurbelwelle sind geschlissen. Unser Mechaniker hat die Ölpumpe nicht richtig in die dafür vorgesehene Fassung gerückt. Das kann nicht wahr sein, für uns bricht eine Welt zusammen.
Auf der Suche nach Informationen über die Transamazonica sind wir in einem brasilianischen 4x4 Forum auf Joao in Porto Velho gestossen. Am nächsten Tag rufen wir Joao an, in der Hoffnung er könne uns bei dem Problem weiterhelfen. Am Telefon erzählen wir ihm unsere Geschichte mit dem Mechaniker und nur eine halbe Stunde später steht er vor unserem Hotel. Wir sind sichtlich erleichtert, hier in Porto Velho einen neuen Freund gefunden zu haben. Joao bietet uns den Patio neben seinem Haus als Parkplatz für unseren Landy an und wir schleppen Pajarito bis vor das Eingangstor ab.
Schnell wird uns klar, dass wir Glück im Unglück haben, denn Joao nimmt sich die nächsten anderthalb Wochen für uns Zeit und karrt mit uns in ganz Porto Velho herum, um Ersatzteile für unseren V8 Motor zu finden. Während dieser Zeit dürfen wir beim Vater von Joao wohnen. Die Gastfreundschaft dieser Menschen ist wirklich unglaublich und wir verbringen jeden Tag im Kreise der Familie und haben so die einmalige Möglichkeit, in den Alltag einer brasilianischen Familie zu blicken. Obwohl es zu Beginn noch mit der Sprache hapert (denn die portugiesische Aussprache ist von der Spanischen wirklich verschieden), lernen wir in relativ kurzer Zeit die ersten Worte Brasilianisch. Auch ist zu dieser Zeit gerade die Fussball WM im Gange und jeder Match wird natürlich richtig zelebriert. Morgens um 7.00 Uhr wird für das bevorstehende Barbecue angefeuert und um 12.00 Uhr treffen sich alle Verwandten, Freunde und Nachbarn im Garten von Joao - und dann wird gefeiert. Es fliesst Bier in rauen Mengen, die Stereoanlage wird laut aufgedreht, heisse Diskussionen und Spekulationen laufen, um wie viele Punkte Brasilien diesmal gewinnen wird. In Porto Velho sieht man praktisch keinen Menschen ohne gelb-grünes T-Shirt herumlaufen und schon um 10.00 Uhr werden alle Geschäfte geschlossen. Wer irgendetwas wichtiges besorgen muss, sollte das am Vortag tun.
Unser Aufenthalt in Porto Velho ist vorwiegend feuchtfröhlich, doch wir nutzen auch die Zeit um Ersatzteile zu besorgen. Mittlerweile, d.h. nach zehn Tagen, können wir doch einige Teile auftreiben, andere lassen wir auch herstellen. Doch leider fehlt uns am Schluss immer noch ein einzelnes Zahnrad, und das kriegen wir hier einfach nicht. Wir werden also um eine Bestellung aus dem Heimatland nicht herum kommen. Da wir nun doch eine Bestellung aufgeben müssen, ordern wir trotzdem alle Teile, die kaputt gegangen sind – die anderen behalten wir als Reserve. Nur drei Tage später kommt das ersehnte Paket aus der Schweiz bei uns an und Pajarito ist innerhalb eines Tages wieder startklar. Nun sind wir schon drei Wochen in der Hauptstadt des Bundesstaats Rondônia und in der Zwischenzeit haben wir auch herausgefunden, wieso das Öllämpchen ständig aufgeleuchtet hat. Das Kabel im Armaturenbrett verursachte einen Wackelkontakt! Das nächste Mal werden wir besser auf unsere inneren Stimmen hören und nicht mehr so schnell einen x-beliebigen Mechaniker an den Motor lassen. Gut, wir wissen jetzt, dass mit dem Motor alles in Ordnung ist, aber leider ist jetzt auch die Zeit zu knapp um die Transamazonica zu fahren. In vier Wochen wird uns die Familie von Andrea in Recife (Nordosten Brasilien) besuchen kommen und wir möchten das Risiko, sie zu verpassen, nicht eingehen. Falls wir auf der Strasse stecken bleiben würden – Gründe dazu gäbe es genug und die Wahrscheinlichkeit ist auch hoch - würde es schwierig sein, rechtzeitig die brasilianische Küste zu erreichen.
So entschliessen wir uns deshalb, mit Schiff, Flugzeug und Bus weiter zu reisen. In Porto Velho buchen wir eine Kabine auf einem Amazonasdampfer und verabschieden uns von unseren neu gewonnen Freunden. Unseren Pajarito dürfen wir für die Zeit der Brasilienreise bei Joao im Patio stehen lassen. Mitte August werden wir nach Porto Velho zurück kehren.
Andrea schreibt:
Mit Joaos Hilfe finden wir schnell ein Boot, das uns nach Manaus schippert. Wir sind wirklich froh, uns für eine Kabine entschieden zu haben und richten uns häuslich ein. Der Beginn unserer zwischenzeitlichen Backpackerphase ist richtig gemütlich. Auf dem Oberdeck fühlen wir uns fast wieder ein Wenig wie auf der Grimaldi, ebenso schön sind nämlich die Sonnenuntergänge. Unser Boot ist zum Bersten voll mit Knoblauch beladen. Im ersten Moment stockt uns zwar der Atem, doch schon bald sind wir dankbar für die streng riechende Last, denn sie hält uns die ganze Fahrt über die aufdringlichen Moskitos vom Leibe.
Gemächlich schleicht das kleine Passagierboot durch den kurvenreichen Rio Madeira und wir geniessen die laue Brise auf dem Oberdeck. Seit Langem treffen wir einmal wieder auf europäische Touristen und verbringen drei lustige Tage und Nächte miteinander. Am zweiten Tag der Reise überrascht uns eine Flussdelfinfamilie, die unseren Dampfer neugierig einige Kilometer begleitet. Schon früh morgens werden auf dem Schiff die so beliebten Forromelodien rauf- und runter gespielt, und es wird ständig getanzt. Die einheimischen Passagiere nutzen die Überfahrt eher als Dauersaufwettstreit und wir staunen über die Standfestigkeit einiger Herren an Bord. Die anderen Backpacker gucken jeden Morgen schlimmer aus der Wäsche, anscheinend war der Hängemattenplatz doch nicht die beste Wahl. Die Hängematten stapeln sich mittlerweile dreifach übereinander, mit dem Wellengang pendeln alle synchron, kurz gesagt, nichts für Klaustrophobiker... Fabian, der deutsche Rucksacktourist holt dann auch den verpassten Schlaf in unserer Kabine nach, während wir es uns in der Sonne gemütlich machen.
Die Fahrt durch das Amazonasgebiet ist wirklich spannend. Trotz der ungeheuren Abgelegenheit stossen wir immer wieder auf winzige Siedlungen oder gar nur einzelne Häuser. Mitten im Nirgendwo tauchen plötzlich kleine Städte auf. Hier leben die Menschen von der Goldgräberei, und leider zeigen sich uns immer wieder die traurigen Zeugnisse dieser Arbeit. Zum grossen Teil sind die Flüsse vom Quecksilber, das für die Goldwäscherei benutzt wird, konterminiert.
Je mehr wir uns der Dschungelstadt Manaus nähern, desto stärker besiedelt ist das Ufergebiet. Kurz vor Manaus schliessen sich die beiden Flüsse Rio Solimoes und Rio Negro zum Rio Amazonas zusammen. Über einige Kilometer fliessen die beiden Ströme parallel nebeneinander, ohne sich zu vermischen, ein brauner Streifen (Rio Solimoes) und ein Schwarzer (Rio Negro) bilden den gigantischen Fluss, den Amazonas, der an der breitesten Stelle 45 Kilometer breit ist.
In Manaus spüren wir wieder festen Boden unter den Füssen und suchen uns eine angemessene Bleibe. Wir besuchen das Teatro Amazonas, ein Bauwerk, dass uns irgendwie an Disneyland erinnert, und natürlich an einen verrückten Kautschukbaron, der keine Kosten und Mühen gescheut hat, sich hier mitten im Urwald eine Oper zu bauen, die ihren europäischen Vorbildern in Nichts nachsteht. Auch der Tierstation der brasilianischen Dschungelkämpfer statten wir einen Besuch ab. Nach ein paar Tagen zieht es uns aber weiter und wir entscheiden uns, die Strecke nach Belem im Flugzeug zurückzulegen.
In Belem angekommen, steigen wir auf den Bus um und bringen eine 35 Stunden Fahrt nach Fortaleza hinter uns, uff... Ziemlich beduselt kommen wir in Fortaleza an und schon nach einer Nacht wollen wir weiter. Unser Ziel heisst Cumbuco, ein kleines Fischerdorf etwa 40 Kilometer nördlich der Stadt, unser Paradies für die nächste Woche...
Martin schreibt:
Während wir in Cumbuco auf unseren Apartmentschlüssel warten, erkund-schaften wir zuerst einmal die Gegend. Unser Reiseführer hat nicht zu viel ver-sprochen. Vor dem kleinen, idyllischen Dörfchen liegt ein traumhafter, kilo-meterlanger und mit Kokospalmen besetzter Strand an dessen Ufer Jangadas (Typische Segelboote der Nordostküste Brasiliens) auf Kundschaft warten. Uns gefällt es hier auf Anhieb. Robert, ein ausgewanderter Holländer, übergibt uns den Schlüssel für unsere kleine Wohnung. Hier werden wir die nächste Zeit bleiben. Unser Apartment ist nagelneu und das ganze Kücheninventar wurde noch nie gebraucht... alles liegt noch eingepackt in Kartons und Plastikfolien. Auf dem Balkon richten wir uns ein und beobachten gespannt das Dorftreiben.
Wir verbringen die Zeit mit Nichtstun, liegen am Strand und beobachten die gekonnten Sprünge der Surfer, die mit ihren Kite Boards die Wellen bezwingen. So lässt es sich leben. Die ganze Zeit über ist es immer schön warm, was alleine dem angenehmen Wind vom Atlantik zu verdanken ist. Die heissen Regenwaldtage von Porto Velho und Manaus liegen hinter uns und wir sind wieder mehr Mensch als zuvor.
Cumbuco selbst ist zwar ziemlich überschaubar, aber dennoch gibt es einige Kneipen und Bars, in denen wir uns abends gemütlich die Zeit vertreiben können. Cachaca, ein deutscher Restaurant Besitzer und Robert erzählen uns von ihrem Leben in Brasilien. Für uns eine gute Gelegenheit, mehr von der brasilianischen Kultur aus einer anderen Perspektive zu erfahren. Gebannt hören wir ihnen Ausführungen zu, doch wirklich verstehen können wir die brasilianische Lebensweise deshalb immer noch nicht. So einfach und zugleich so kompliziert erscheint uns das Leben hier. Die Einstellung der Menschen hier zu Beziehungen, Arbeit oder Geld ist so einzigartig und extrem, wie in keinem südamerikanischen Land, das wir bis jetzt bereist haben.
Zwei Wochen vergehen an diesem wundervollen Ort und wir beschliessen weiter zu reisen. In 10 Tagen wird uns die Familie von Andrea in Recife besuchen kommen und wir wollen die restliche Zeit nutzen, um für sie ein Reiseprogramm zusammenzustellen. In Fortaleza buchen wir eine Fahrt mit dem Bus nach Recife und wir lassen das unser kleines Paradies hinter uns.
Andrea schreibt:
Brasilien ist wirklich bequem in Bussen zu bereisen. In einem richtigen Luxusliner fahren wir die Nacht durch und kommen mehr oder weniger ausgeruht in Recife an. Bevor uns meine Familie hier den so lang ersehnten Besuch abstattet, möchten wir die Gegend etwas auskundschaften. Deshalb entscheiden wir uns, uns südlich der Metropole in einem kleinen Fischerdorf niederzulassen und von dort aus die Gegend kennen zu lernen.
Nach einer kleinen Busodysse erreichen wir schliesslich Gaibu, ein kleines Dorf mit wunderschönem Sandstrand und strahlend blauem Wasser. Direkt an der Strandpromenade haben wir uns ein Zimmer in einer Pousada reserviert und sind sofort begeistert. Endlich finden wir wieder einmal eine Unterkunft, die unseren Preisvorstellungen entspricht. Grösstenteils sind die Zimmerpreise in Brasilien nämlich ziemlich gesalzen, wenn man bedenkt, was einem geboten wird. Die ersten Tage machen wir lange Spaziergänge und halten nach einem schönen Hotel für den bevorstehenden Besuch Ausschau. Abends setzen wir uns zu einem Caipirinha in eine der vielen Bars oder machen es uns im pousadaeigenen Baumhaus gemütlich und geniessen die traumhafte Aussicht.
Jetzt sind es nur noch wenige Tage bis zum Besuch und wir haben noch allerhand zu tun. Wir besuchen die schönen Orte rund um Recife und finden einige passende Hotels für die nächsten Tage.
Recife aber gefällt uns überhaupt nicht, es ist eine der schmutzigsten Städte Südamerikas, nichts für empfindliche Nasen. Jedoch Olinda, die direkte Nachbarstadt hat seinen brasilianischen Charme behalten. Kopfsteinpflaster, verschnörkelte und bunte Fassaden verleihen der von UNESCO zum Weltkulturerbe erklärten Stadt eine seltene Schönheit. Hier quartieren wir uns ein und machen uns auf den Weg zum Flughafen...